2011 wird das Jahr sein, in dem die staatlichen Maßnahmen, die nur die oberflächlichen Folgen der Krise beheben konnten, ihre Wirkung verlieren. Dann wird die Krise wieder ihre volle Kraft entfalten können, und offensichtlich werden, wie weit der Zerfall der Welt – und öffentlichen Ordnung in den letzten Jahren fortschreiten konnte.
Eine Analyse der GEAB
Seit September 2008 ist allen klar, dass diese Krise in der Tat umfassend und global ist. Dennoch haben sich die USA und in ihrem Windschatten ihre westlichen Verbündeten damit zufrieden gegeben, an den Symptomen herumzudoktern und die Risse des Systems zu übertünchen. So blieb verborgen, wie weitgehend die Ursachen der Krise die Grundlagen des gegenwärtigen internationalen Systems zerstört haben. 2011 wird nach unserer Auffassung das Jahr sein, in dem die staatlichen Maßnahmen, die nur die oberflächlichen Folgen der Krise beheben konnten, ihre Wirkung verlieren. Dann wird die Krise wieder ihre volle Kraft entfalten können, und offensichtlich werden, wie weit der Zerfall der Welt – und öffentlichen Ordnung in den letzten Jahren fortschreiten konnte.
Daher gehen wir gehen davon aus, dass 2011 geprägt sein wird von einer Reihe brutaler Schocks, die die unzureichenden Schutzmechanismen gegen die Krise, die seit 2008 eingerichtet wurden, zerschlagen werden. Diese Schocks werden nach und nach die Fundamente wegbrechen, auf denen seit Jahren die Dollarmauer ruht. Nur die Länder, Gebietskörperschaften, Organisationen und Privatpersonen, die in den letzten drei Jahren die Schlussfolgerungen aus der Krise gezogen haben und die Konzeptionen, Ziele, Werte und Gewohnheiten der Welt von Gestern abgelegt haben, werden dieses Jahr unbeschadet überstehen. Die anderen werden in einer Abfolge von finanziellen, währungspolitischen, wirtschaftlichen, politischen und sozialen Problemen, mit denen das Jahr 2011 uns konfrontieren wird, beträchtlichen Schaden erleiden.
Da wir also davon ausgehen, dass 2011 insgesamt das chaotischste Jahr seit 2006, dem Jahr, in dem wir unsere Arbeiten über die Krise begannen, sein wird, haben wir uns für diese 51. Ausgabe auf unsere 32 Vorhersagen für das Jahr 2011 konzentriert, in die diesmal auch unsere Empfehlungen, wie man sich am besten gegen die Folgen der uns bevorstehenden Schocks wappnen kann, eingearbeitet sind. Diese Ausgabe des GEAB bietet damit sozusagen eine Wegbeschreibung durch die finanziellen, währungspolitischen, politischen wirtschaftlichen und sozialen Schocks der nächsten zwölf Monate.
Unsere Auffassung von 2011 als das schrecklichste Jahr seit des Beginns unserer Arbeiten zur Antizipation der umfassenden Krise gründet sich auf die Annahme, dass in diesem Jahr die Welt vor einer Weggabelung steht, von der drei Wege abgehen, die aber alle in das weltweite Chaos führen. Statt die Ursachen der Krise zu beheben, hat die internationale Gemeinschaft seit 2008 mit Bankenrettung und Konjunkturplänen nichts anderes gemacht, als Anlauf zu nehmen, um nun mit vollem Schwung in das Chaos springen zu können.
Ein machtloses internationales System
Seit zumindest der Mitte des ersten Jahrzehnts dieses Jahrhunderts bieten die Staaten, die sich als wichtige Akteure auf der Weltbühne fühlen, also in erster Linie die USA mit ihren westlichen Verbündeten, statt wirksamer Politik, die die Lebenswirklichkeit verändert, nur Kommunikation und Lippenbekenntnisse. Die Staaten haben die Hoffnung aufgegeben, ihr Schicksal noch bestimmen zu können. Die Regierungen hoffen nur noch, dass der nächste Kelch der Krise an ihnen vorübergehen werde, dass die nächste Katastrophe ein anderes Land ereile. Aber inzwischen hat die Krise die Zahl der möglichen Katastrophen so erhöht, dass die Staaten genauso gut auch russisches Roulette spielen könnten. Nach unserer Auffassung ist die ganze Welt auf dem Weg, die neue Version russischen Roulettes, die Version 2011, zu spielen, nämlich amerikanisches Roulette: Gleiche Regeln, nur statt einer Kugel fünf in der Trommel.
Angesichts des amerikanischen, britischen und japanischen Quantitative Easing und der Konjunkturprogramme, die diese Länder sowie auch China und Europa aufgelegt haben, kann Inflation nicht ausbleiben. Dies wird einer der Faktoren sein, die die Welt im Jahr 2011 erschüttern werden. Wir werden in dieser Ausgabe des GEAB noch näher darauf eingehen. Aber wie man an den Ereignissen in Tunesien sehen kann, führen globale Gegebenheiten wie insbes. die Lebensmittel –und Energiepreise national zu massiven sozialen und politischen Schocks. Und sehr bezeichnend ist auch, dass die großen Schutzmächte des tunesischen Regimes, nämlich Frankreich, Italien und die USA unfähig waren, den Zusammenbruch eines „befreundeten“ Regimes zu verhindern.