Noch letztes Jahr kündigte Wikileaks großspurig an, eine große Bank in den USA "hochgehen" zu lassen. Doch nun macht Assange einen Rückzieher: Das Material sei angeblich nicht sehr aussagekräftig. - Wurde Wikileaks gedrängt, das brisante Material unter Verschluss zu halten?
In der Affäre um brisantes Datenmaterial einer großen US-Bank, die bei einer möglichen Veröffentlichung dieses Jahr bankrott ginge, machte der Wikileaks-Chef nun einen peinlichen Rückzieher. Assange habe sich angebeblich im privaten Kreis geäußert, dass er nicht genau wisse, ob die internen Informationen über die Bank of America einen großen Skandal enthielten, sagten drei mit den Gesprächen vertraute Personen am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters.
Assange habe gesagt, ihm lägen E-Mails vom Festplattenlaufwerk eines Computers eines leitenden Angestellten der US-Großbank vor, wobei die jüngsten Mitteilungen von 2006 datierten.
Der WikiLeaks-Gründer habe eingeräumt, dass das ihm vorliegende Datenmaterial nicht selbsterklärend sei, verlautete weiter aus den Kreisen. Er selbst sei unfähig, darin einen größeren Sinn zu erkennen. Finanzexperten müssten viel Zeit investieren, um bestimmen zu können, ob die Dokumente überhaupt berichtenswert seien.
Noch Ende November hatte Assange praktisch das Gegenteil behauptet und in einem Interview siegessicher angekündigt, WikiLeaks wolle Anfang 2011 Tausende interne Dokumenten einer großen US-Bank bekanntmachen, welche das Geldinstitut zu Fall bringen würden. Die Inhalte seien so brisant, dass die betreffende Bank pleite gehen könnte. Assange verglich den Vorgang sogar mit Enron.
Wörtlich kündigte Assange im November letzten Jahres im US-Magazin "Forbes" an: Seine Internetplattform werde Zehntausende interne Dokumente aus einer großen US-Bank veröffentlichen, "die ein oder zwei Banken in die Tiefe reißen" könnten. Sie würden unter anderem zeigen, wie auf Führungsetagen der Banken gegen die Ethik verstoßen werde. Die Offenlegung des Materials eröffne "wahre und repräsentative Einsichten, wie sich Banken auf der Management-Ebene verhalten", sagte Assange. "Man kann es das Ökosystem der Korruption nennen." Der Australier verglich in dem Interview die anstehende Veröffentlichung mit den E-Mails, die im Zusammenhang mit dem Enron-Unternehmensskandal ans Licht kamen.
Um so erstaunlicher, dass der Wikileaks-Chef nun so einen peinlichen Rückzieher macht. Dies lässt die Vermutung aufkommen, dass Assange von offizieller Seite dringend davor gewarnt wurde, das Material zu veröffentlichen, um einen Systemzusammenbruch zu vermeiden. Denn eine Pleite einer der größten Banken der USA dürfte das System nicht mehr verkraften. Zudem könnten die brisanten Inhalte der Wikileaks-Daten auch zu einem kompletten Vertrauensverlust ins Finanzsystem führen. Es dürfte daher ziemlich stark auf Wikileaks "eingewirkt" worden sein, die Daten herunterzuspielen und am Ende auch zu unterdrücken.