Permanenter Euro-Rettungsschirm könnte ohne Zweidrittel-Mehrheit beschlossen werden. Liberale bestehen aber auf Beteiligung des Parlaments bei Hilfsmaßnahmen. Schäffler: Ein dauerhafter Euro-Rettungsschirm berühre das Budgetrecht des Parlaments und damit einen "Kernbereich demokratischen Lebens".
Berlin - In der FDP-Bundestagsfraktion ist eine Debatte um die Beteilgung des Parlaments beim dauerhaften Euro-Rettungsschirm (ESM) entbrannt. Nach Informationen der Tageszeitung "Die Welt" (Montagausgabe) widersprechen führende FDP-Politiker der Einschätzung, dass für den ESM eine Zweidrittel-Merheit im Bundestag notwendig sei. "Eine Rechtsgrundlage für den Europäischen Stabilitäts-Mechanismus kann auch ohne Zwei-Drittel-Mehrheit geschaffen werden", erklärten der Rechtsexperte der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, und der europapolitische Sprecher Michael Link in einer gemeinsamen Stellungnahme gegenüber der Zeitung. Damit stellen sich die beiden Liberalen gegen ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages, das zuvor der FDP-Finanzexperte Frank Schäffler an seine Fraktionskollegen verschickt hatte.
Buschmann und Link betonten allerdings, dass eine Zweidrittel-Mehrheit nur dann nicht erforderlich sei, wenn der Bundestag bei späteren Hilfszahlungen des ESM ein Mitspracherecht habe. Die Bundesregierung müsse "darauf hinwirken, dass der Bundestag für alle Maßnahmen des Mechanismus, die den deutschen Haushalt belasten könnten, das letzte Wort behält", erklärten sie. Auf eine solche unerlässliche Stärkung des Parlaments wirke die FDP hin. Dazu befinde man sich in Abstimmung mit der Unionsfraktion, schrieben die beiden Politiker in einem Brief an alle FDP-Abgeordneten, der "Welt" vorliegt. Eine Zweidrittel-Mehrheit wäre für die Koalition ein Hindernis. Sie wäre dann auf die Zustimmung der Opposition angewiesen. Zudem wächst auch innerhalb der Koalition die Kritik an weiteren Hilfsmaßnahmen für kriselnde Euro-Staaten.
So hatte Schäffler zuvor in einem Brief auf verfassungsrechtliche Bedenken hingewiesen. Ein dauerhafter Euro-Rettungsschirm berühre das Budgetrecht des Parlaments und damit einen "Kernbereich demokratischen Lebens". Deshalb sei eine Zweidrittel-Mehrheit notwendig, so auch der Schluss des Bundestags-Gutachtens, das der "Welt" vorliegt und aus dem Schäffler zitierte. Buschmann und Link begrüßten das Gutachten prinzipiell. Es sensibilisiere die Abgeordneten "in angemessener Weise über die Tragweite der anstehenden Entscheidung". Dem zentralen Ergebnis, dass eine Zweidrittel-Mehrheit notwendig sei, widersprechen sie aber. Diese könne umgangen werden, wenn der ESM nur einstimmung von den EU-Staaten beschlossen werden darf. "Der Bundesrepublik Deutschland kann damit nicht jede beliebige Gestaltung eines Krisenmechanismus aufgedrängt werden", heißt es in dem Brief von Buschmann und Link an die FDP-Abgeordneten. Die Regierung müsse darauf hinwirken, dass das Parlament die letzte Entscheidung über alle ESM-Hilfen treffen könne, die den Haushalt belasten.