Italiens Staatspräsident: „Wir sind davon ausgegangen, dass die Regime des nördlichen Afrikas stabil und keinen großen Risiken ausgesetzt sind. Das war eine Selbsttäuschung, der wir erlegen sind“.
Italiens Staatspräsident Giorgio Napolitano hat die bisherige EU-Politik gegenüber der arabischen Welt scharf kritisiert und zu einer entschlossenen Unterstützung des friedlichen Wandels in diesen Ländern aufgerufen. „Wir sind davon ausgegangen, dass die Regime des nördlichen Afrikas stabil und keinen großen Risiken ausgesetzt sind. Das war eine Selbsttäuschung, der wir erlegen sind“, sagte Napolitano im Gespräch mit der Tageszeitung „Die Welt“ (Donnerstagausgbe). Er fügte hinzu: „Jetzt muss Europa entschlossen bemüht sein, zu einer gemeinsamen Linie, zu einer gemeinsamen Mittelmeerpolitik zu finden.“ Napolitano trifft bei einem Staatsbesuch am heutigen Donnerstag Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Wulff. Im Gespräch mit der deutschen Regierungschefin sol, so Napolitano zur WELT, die Europapolitik im Mittelpunkt stehen.
Wegen der Ereignisse in der arabischen Welt brauche die Mittelmeerpolitik der EU „einen neuen Anlauf“, so Napolitano. Die EU könne „nur einen Prozess des geordneten Übergangs unterstützen, der zu demokratischen Wahlen führt. Und wir müssen uns bemühen, eine kraftvolle europäische Mittelmeerpolitik auf den Weg zu bringen, im Geiste des Barcelona-Prozesses“, so Napolitano. Die von Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy ins Leben gerufene Mittelmeer-Union habe es „noch nicht weit gebracht.“