Der Zusammenbruch des größten spanischen Immobilien-Konzerns Martinsa-Fadesa beschleunigt den wirtschaftlichen Niedergang auf der Iberischen Halbinsel. Tausende Familien bangen nun um ihre Wohnungen. Fast 13.000 von dem Unternehmen in Spanien und anderen Ländern bereits verkaufte Immobilien sind noch im Bau. Ob sie fertig gestellt werden ist offen.
Die Pleite von Martinsa-Fadesa ist die größte Firmenpleite in der Geschichte Spaniens und sie wird nach Ansicht von Analysten nicht die letzte sein. Mehr noch:
Der Zusammenbruch des Immobilienmarktes in Spanien könnte der Startschuss für eine Europa-weite Rezession werden. Diese Rezession könnte schlimmer sein als der wirtschaftliche Abschwung in den USA. Analysten von Goldman Sachs sind sogar der Meinung, dass die bevorstehende Krise in Europa der endgültige Auslöser einer weltweiten Rezession werden könnte.
Die Industrieproduktion in der EU fiel im Mai um 1,9% - der tiefste Sturz seit Bestehen der Union. Der Absturz der Südschienen-Länder wird nach Ansicht von Analysten auch Deutschland in den Keller ziehen.
In der Südschiene gehts bergab
Die Industrieproduktion in Griechenland und Italien gingen auf Jahresbasis um 6,6% zurück. In Portugal betrug der Rückgang 6,2%. „Dies sei eine äußerst beunruhigende Entwicklung“ schlussfolgert Emma Marcegaglia, von der italienischen Wirtschaftsvereinigung Confindustria.
Italien will nun mit einem “New Deal” Programm die Wirtschaft mit Infrastruktur-Maßnahmen ankurbeln. Um die im Maastricht Vertag festgelegte Neuverschuldungsgrenze von 3% zu umgehen, sollen die Gelder über die europäische Entwicklungsbank aufgenommen werden.
Die Abwärtsspirale in Spanien ist die schlimmste seit Franco. „Die Wirtschaft geht gerade voll den Bach runter“ urteilt Dominic Bryant, Spanienexperte von BNP Parisbas.
Weitere Baufirmen werden bankrott gehen. Dies sei deshalb besonders folgenschwer für Spanien, weil 10% der Wirtschaft vom Baubereich abhängig seien. In den USA dagegen wären es nur 6-7%, so Bryant. Die Folgen für Spanien sind deshalb so dramatisch, weil es keine Alternativen gibt.
Viele Häuser und Wohnungen stehen heute leer, sind unverkäuflich. Fast alle wurden – zum Teil mit mehr als 100% - von Banken finanziert.
Die Immobilienkrise in Spanien entwickelt sich zu einem nationalen Drama. Laut APCE (Nationale Immobilien Vereinigung) sind die Hauspreise seit September um 15% gefallen. Die Arbeitslosigkeit stieg um 425000 auf 9,9%. Die Autoverkäufe in Spanien fielen um 31% allein im Mai.
700000 Häuser zu viel
Die Deutsche Bank schätzt den Überhang an Häusern auf 700000. In Castilla-La Mancha – der Heimat von Don Quixote – sind 69% aller Neubauten unverkauft. Die Hauspreise in Spanien dürften deshalb noch mindestens 35% fallen. Ein Zyklus, der bis 2011 andauern dürfte.
Die Krise wird noch weiter verschärft durch die Zinserhöhung der EZB. In Spanien finanzieren die Hauskäufer ihre Immobilien traditionell über kurzfristige Zinsen, die am Euribor orientieren. Jede Zinserhöhung erhöht das Pleiterisiko des Einzelnen – und damit auch der spanischen Banken.
Kein Wunder, das Spaniens Premier Jose Luis Zapatero die Zinserhöhungen der EZB „unverantwortlich“ nannte.
Die spanische Zentralbank ist unterdessen besorgt über den Zustand vieler Kreditinstitute. Die spanische „Volksbank“, Banco Popolar, sei eines der gefährdesten Häuser, wie aus Bankenkreisen zu hören ist.
Aber auch die spanische Zentralbank selbst ist praktisch pleite. Sie verfügt über keinerlei Devisenreserven mehr. Spanische Banken, die dringend Geld brauchen, wenden sich derzeit direkt an die EZB und tauschen „wertlose“ Schuldscheine, bzw. Hypothekenverbriefungen gegen bare Euros. Ein Verfahren, das von Insidern stark kritisiert wird und auch von Bundesbank Chef Weber mißbilligt wird. Lesen Sie hier mehr zum Thema
Auswirkungen auf den Euro
Die jähe Talfahrt in Europa könnte negative Folgen für den Euro haben. Schon jetzt äußern sich führende Analysten skeptisch über die Zukunft des Euro. Bill Gross, Chef des weltweit größten Anleihenfonds Pimco meint, dass es derzeit kein Grund gebe, dass der Euro im Vergleich zum Dollar 30% überbewertet sei. Auch die Experten von BNP Parisbas kommen zu dem Schluss, dass der Euro in Zukunft dramatisch abwerten wird.
Weiterführende Links:
http://www.telegraph.co.uk/money/main.jhtml?xml=/money/2008/07/15/ccspain115.xml
http://www.forbes.com/afxnewslimited/feeds/afx/2008/07/16/afx5219968.html
http://uk.reuters.com/article/rbssIndustryMaterialsUtilitiesNews/idUKL1676810320080716