Und so stellt sich die angespannte Situation dar: Gespickt mitRessourcen-Kriegen, wird unser 21. Jahrhundert in die Geschichteeingehen. Dramatisch schwinden die globalen Ölvorräte. Vielfach ist dasÖlfördermaximum längst überschritten.
Bei der verzweifelten Suche nach Rohöllagerstätten stieß man aufÖlsande und Ölschiefer in schier gigantischen Vorräten. Allein dieweltweiten Ölressourcen aus Ölsanden sind durch einen mächtigen Würfelvon 8 km Kantenlänge vorstellbar. Indes ist der Abbau problematisch,zunächst was die Kostenseite betrifft, aber auch die ökologische Seiteist nicht unproblematisch.
Beginnen wir beim Ölschiefer, der so heißt, weil er weder aus Öl nochaus Schiefergestein besteht, ähnlich dem „Bayrischen Leberkäs“, derbekanntlich weder Leber noch Käse enthält. Doch was ist Ölschiefer? Esist ein Mergelgestein, das aus Kalk und Ton besteht. In früheren Zeitenbrachte man den Mergel als Düngemittel auf die Felder. Doch Pflanzenernähren sich nicht vom Kalk allein, sie benötigen auch andereMineralien als Düngerbeigaben. Die so behandelten Felder laugten denBoden aus, daher stammt übrigens die Redewendung vom „Ausmergeln“.
Der Begriff Ölschiefer ist also petrographisch irreführend. Ölschiefersind reich an organischem Kohlenstoff und manchmal in der Tatschieferig aufblätternd. Der organische Kohlenstoff kann aus Meeres-oder Süßwasseralgen, aber auch aus anderen planktonischen Organismenund Bakterien gebildet sein. Diese Biomasse besteht aus Eiweißen,Kohlehydraten und Fetten.
Nach ihrem Absterben sanken die Kleinstlebewesen auf den Meeres- oderSeeboden. Diese Biomasse zersetzte sich vollständig; nur die Hartteileblieben als Fossilien im Sediment erhalten. Sanken die Organismen aberauf einen sauerstoffarmen Meeresboden, verzögerte sich der bakterielleAbbau von Biomasse. Ähnlich wie im Steinkohlewald, kam es in dentieferen Meeresregionen durch den Sauerstoffmangel zu keiner Verwesung.
Eiweiße und Kohlehydrate spalten sich zunächst in ihre Einzelbausteineauf. Fett bleibt als Fett erhalten. Die Einzelbausteine und das Fettvereinen sich im lockeren Sediment zu einer neuen Substanz, demsogenannten Kerogen. Man kann nachweisen, dass es aus abgestorbenemPlankton entstanden sein muss.
Öl wird aus Ölschiefer aber nur in einem bestimmten, relativ engumgrenzten Temperaturbereich von 60 bis 120°C gebildet. DerTemperaturbereich ist abhängig von der Zusammensetzung des Kerogens.Bei zu niedrigen Temperaturen wird kein Öl erzeugt, bei höherenTemperaturen meist nur noch Erdgas.
Wie läßt sich aber aus "Ölschiefer" Öl gewinnen? Dazu muß der Menschdie in der Natur auftretenden Vorgänge mit Energieeinsatzbeschleunigend „nachbilden“. Der künstliche Prozess besteht ausErhitzen des Kerogens auf über 300°C, der Verschwelung, und derAbkühlung auf unter 30 bis 50°C. Dabei wird das Kerogen in einGasgemisch umgewandelt, aus dem man das Öl herausdestilliert. Dazu istneben Energie auch eine erhebliche Menge an Kühlwasser notwendig.
Der eigentliche Hoffnungsträger ist der Ölsand, der in Riesenmengen imkanadischen Boden lagert. Ölsand ist hydrophil, das heißt zwischen demSandkorn und dessen Ummantelung aus Kohlenwasserstoffen befindet sichein feiner Wasserfilm. Der Kohlenwasserstoffanteil in den Sandenbeträgt zwischen 1 und 18%: vom langkettigen Bitumen bis hin zum Rohöl.Im Durchschnitt benötigt man zwei Tonnen Ölsand, um ein Barrel, also159 Liter, Rohöl herzustellen.
Bereits im Jahr 2004 wurden täglich 1 Mio. Barrel Bitumen aus Ölsandgewonnen. Das sind 160.000 Kubikmeter. Die dazu nötige Dampfenergiestammt größtenteils aus der Verbrennung von Erdgas: für das Umwandelneines Barrels Bitumen in transportfähiges Öl müssen etwa 28 KubikmeterErdgas verheizt werden. Energetisch heißt das: 1 Gigajoule sindaufzuwenden, um daraus ein Barrel Öl mit etwa 6 Gigajoule zu gewinnen.Die Kohlendioxid-Emission ist mehr als dreimal so hoch wie bei derherkömmlichen Rohölförderung. Etwa ein Drittel des weltweiten Ölsandsvon 1,7 Billionen Barrel, also etwa 270 Kubikkilometer, lagern alsAthabasca-Ölsand in Kanada. Das entspricht einer geschätzen Fördermengevon 180 Mrd. Barrel Erdöl.
In kanadischen Ölsand investiert man gegenwärtig mehr als 100 Mrd.US-D. Die durchschnittlichen Förderkosten liegen bei knapp über 15 US-Dpro Barrel, mit dem notwendigen Umwandeln des Bitumens in synthetischesRohöl klettert der Preis auf etwa 35 US-D.
Unternehmen wie Suncor, Syncrude, Albian Sands, Canadian NaturalResources und Nexen wenden zwei Verfahren an. Beim ersten wird heißerWasserdampf in die Lagerstätte gepumpt, der das Bitumen flüssigermacht, so dass man es abzapfen kann. Beim in-situs-Verfahren im Tagebauversetzt man den Ölsand mit heißem Wasser und Natron. Das Bitumen löstsich aus dem Sand, wird verbessert und kommt als synthetisches Rohölauf den Markt. Die Gewinnung von Öl aus Ölsand soll bis 2015 von denheutigen etwas mehr als eine Mio. Barrel auf über drei Mio. Barreltäglich gesteigert werden.
Die Problematik aus Ölsanden Öl zu gewinnen, wird mit
• einem hohen Energieaufwand erkauft,
• ökologischen Schäden um die Ölsand-Lagerstätten,
• extrem hohen Wasserverbrauch.
• Vor allem aber hinterläßt der Ölsandboom im sozialen Gefüge Kanadas seine häßliche Spuren.
Das hohe Tempo beim Ausbeuten der Ölsand-Vorkommen führte in Alberta zuEngpässen bei den Fachkräften, denn die wandern wegen der besserenBezahlung aus anderen Unternehmen ab. Bis 2010 rechnet man in Albertamit 400.000 Jobs, die nicht besetzt sind.