Premierenfeier: Ben Bernankes gelungener PR-Auftritt. - Premierenerinnerung: EUR-USD steigt immer weiter, die 1,50 vor Augen, die 1,60 im Kopf. - Premierenerklärung: Nur hier erfahren Sie den wahren Grund für die Silber-Rallye.
von Kornelius Purps - UniCredit Research
Schreibfehler sind immer ärgerlich. Auch diese Kolumne strotzt nur so vor Tippfehlern, Korrekturirrtümern und Satzstellungsverdrehern. Manchmal ist das immerhin ganz lustig, wenn da statt "Kornelius" plötzlich "Klonerius" steht. Ganz selten gelingen durch solche Unaufmerksamkeiten neue, vermeintlich Sinn stiftende Neukreationen. So wie neulich in der Welt, in welcher der künftige Ministerpräsident Baden-Württembergs ein "Undenken" in der Autoindustrie forderte. Was ist "undenken"? Das Undenkbare denken? Beim Denken neue Wege beschreiten, den Synapsen im Gehirn reziproke Befehle geben? Ein gänzlich ärgerlicher Fehler unterlief den Veranstaltern des European Song Contest. In einer Werbebroschüre wurde auf ein vermeintlich ganz besonderes Event hingewiesen, den "Tag der Schwulen". So ging das auch zum Übersetzer, der daraus nichtsahnend den "Gay's Day of Action" machte. Dumm nur, dass es sich eigentlich um den "Tag der Schulen" handeln sollte…
Man stelle sich nur mal vor, die amerikanische Zentralbank hätte gestern nicht zur "Press Conference" geladen, sondern zur "Priss Comference". In deutschsprachigen Programmheften wäre daraus eine "Zickenkonferenz" geworden, und die Journalisten hätten sich wohl auf eine Live-Episode von "Vex in the City" eingestellt. Das Marketing-Team der Federal Reserve passte jedoch auf, und so lief bei der ersten Pressekonferenz in der 98jährigen Geschichte der US Notenbank alles glatt. Um zu verhindern, dass der Vorsitzende Ben Bernake aus Wut über dessen Politik mit Zinsfüßen oder vermeintlich wertlosen Geldbündeln beworfen wird, mussten alle geladenen Medienvertreter teils mehrfach durch eine Sicherheitskontrolle. (Nicht bekannt ist, ob dabei auch zum Einsatz sogenannter Aktscanner kam…)
Bernanke selbst leistete sich bei seinem Auftritt keinen Fauxpas. Immerhin hatte er sich auf diesen historischen Tag gewissenhaft vorbereitet. Er absolvierte ein Medientraining und holte sich Tipps von PK-erfahrenen Haudegen wie Jean-Claude Trichet (EZB), Mervyn King (BoE) oder Dieter Bohlen (DSDS). Inhaltlich war Bernanke sogar so vorsichtig, dass der FOMC-Vorsitzende überraschend dovish rüberkam. So wurde zwar die Inflationsprognose der Fed für das laufende Jahr um rund einen Prozentpunkt angehoben; der "transitorische Charakter des Preisdrucks" erfordere jedoch keine policy reaction. Hinsichtlich des Quantitative Easing 2-Programms bestätigte Bernanke, dieses werde wie geplant bis Ende Juni fortgeführt werden – keine Verkürzung, keine Verlängerung. Fraglich war, ob die Fed nach Beendigung von QE2 die Erträge fällig werdender Papiere aus ihrem Bestand reinvestieren würde oder nicht. Hierzu erläuterte Bernanke, die bisherige Praxis der Wiederanlage frei werdender Gelder werde fortgesetzt. Würde dies nicht so gehandhabt, käme das einer monetären Straffung gleich – und das wolle er ja nicht.
An den Märkten wurden Bernankes Äußerungen mit Freude aufgenommen, bestehen damit doch keine Zweifel mehr, ob der amerikanische Dollar derzeit eine starke Währung sei oder nicht. Er ist es nicht. Und so rauscht EUR-USD bis auf 1,4880 – macht plus 15 Prozent seit Anfang Januar, oder plus 60 Prozent annualisiert. Wir entschuldigen uns an dieser Stelle dafür, dass wir vor dem Hintergrund der eskalierenden Schuldenkrise in Europa eine solche Kursentwicklung nicht zu unserem Basisszenario erhoben hatten. Auch die Aktienmärkte reagierten positiv, so dass ich Ihnen zur Steigerung Ihres Büroklimas die folgende Wette unter Kollegen empfehlen würde: Was tritt als erstes ein: EUR-USD steigt auf 1,60 oder der DAX erreicht die magische Marke von 8.000 Punkten?
Weitere Unterstützung für DAX & Euro könnte heute vom deutschen Arbeitsmarkt kommen. Am Nachmittag könnte sich dann der Euro einen Vorsprung erarbeiten, sollte das US-BIP für Q1 sogar die gedämpften Erwartungen (1,8%) unterbieten. Viel wird dieser Tage über Silber philosophiert, dessen Kurs noch parabolischer (gibt's das?) ansteigt als derjenige für Gold. Im Netz kursieren bereits zahlreiche Verschwörungstheorien über short-coverende russische Ölmogule und dergleichen. Ich vermute aber, die Begründung ist ganz banal: Seit der Verlobung von William und Kate beträgt der Kursanstieg satte 90 Prozent – zur Hochzeit gibt's ein paar nette Klunker, und dann ist die Kursrallye vorbei. Morgen werden wir's erfahren, denn dann ist "William's Day of Action"…