Brück, zu dessen Forschungsschwerpunkt auch die Ökonomie von Terrorismus zählt, sieht in Al Kaida eine Organisation mit Unternehmensstrukturen. Das Netzwerk sei „mittlerweile eine weitverzweigte, wenn nicht zersplitterte, Gruppe - eher einem Franchise-Unternehmen ähnlich, wenn nicht einem ganzen Marktsegment“, schreibt der Ökonom. Die Organisation existiere auch, „weil ihre Gründer Plattformen suchen, sich und ihre Ideen darzustellen und weil sie Macht über ihre Untergebenen ausüben wollen“, erläutert Brück. „Ähnlich wie andere Gruppen-basierte Institutionen einschließlich Firmen konkurrieren die Terrorzellen um Finanzierungen und Mitarbeiter - unter anderem mit einem Wettstreit der Angriffe und des Presseechos. Größere, ungewöhnlichere Angriffe verbreiten die eigene Ideologie - aber ziehen auch neue Ressourcen und Täter an.“ So entstehe ein Teufelskreis. Diese „Logik der Gewalt“ könne durch das Ausschalten einzelner Anführer nur bedingt unterbrochen werden. „Al Kaida ist zu etabliert, als dass es als One-Man-Show nur von bin Laden abhängen würde“, schreibt der DIW-Ökonom.
Andererseits führe das Ausschalten der Schlüsselfigur bin Laden auch zu einem Machtvakuum - zumindest im „spirituellen“ Raum von Al Kaida. „Es wird jetzt einen Machtkampf um die Nachfolge geben, mit dem positiven Nebeneffekt, dass die Organisation sich etwas auf sich selbst konzentrieren wird“, ist sich Brück sicher und verweist auf Erfahrungen aus dem Kampf gegen die Mafia und andere organisierte Kriminalität. Vereinzelte Schläge gegen die Köpfe dieser Banden könnten „durchaus eine bremsende Wirkung haben“, so Brück. Allerdings könne der Kampf um die Nachfolge und der Kampf um die Legitimation des Nachfolgers auch mit „schrecklichen Attentaten“ verbunden sein. „Bin Ladens Nachfolger (und es können möglicherweise auch mehrere Personen werden), wird sich auch militärisch beweisen müssen. So wird die Spirale von Gewalt mit dem Tod von bin Laden nicht enden.“