Top-Ökonomen sehen Rohstoff-Preisrutsch positiv für die Konjunktur. „Sowohl die niedrigeren Rohstoffpreise als auch der etwas niedrigere Euro wirken sich mit Verzögerung leicht positiv auf die europäische Konjunktur aus.“
Auch der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, wies darauf hin, dass der Ölpreis und der Euro zum US-Dollar deshalb so stark gesunken seien, "weil sie überkauft und somit anfällig waren für eine Korrektur" waren. "Damit fallen auch angebliche Konjunktursorgen als Erklärung weitgehend aus", sagte Krämer Handelsblatt Online. Denn die deutschen Auftragseingänge seien am Donnerstag vor allem deshalb um vier Prozent gefallen, weil es ungewöhnlich wenig Großaufträge gegeben habe. "Das war ein Sonderfaktor, der Trend weist bei den Aufträgen aber weiter nach oben." Das zeige auch die deutsche Industrieprodukton, die im März um 0,7 Prozent zugelegt hatte.
Der Chefvolkswirt der Dekabank, Ulrich Kater, sieht ebenfalls keinen Grund in Konjunkturpessimismus zu verfallen. "An den Rohstoffmärkten bricht sich eine Welle, die neben fundamentalen Argumenten auch durch spekulative Elemente getrieben war", sagte Kater Handelsblatt Online. Rohstoffe blieben eben in einer stark wachsenden Weltwirtschaft knapp und teuer. "Dazu hatten wir in der ersten Jahreshälfte genügend Themen, die etwa die Edelmetalle als sicheren Hafen erschienen ließen: geopolitische Risiken, Naturkatastrophen, Sorgen um die Bonität großer Industriestaaten", erläuterte der Ökonom. Einige dieser Themen seien abgeflaut. "Aus all diesen Einflüssen läßt sich aber für die Weltwirtschaft noch keine grundsätzlich neue Geschichte gegenüber dem Jahresanfang schreiben", betonte Kater und fügte hinzu: "Die Erholung geht weiter, freuen wir uns derweil über günstigere Rohstoffpreise."
Die Angst vor einer Abkühlung der Konjunktur hatte am Donnerstag für einen Kursrutsch an den Rohstoffmärkten gesorgt. Der Preis für die Ölsorten Brent und WTI fiel um etwa neun Prozent auf 110,24 beziehungsweise 99,64 Dollar je Barrel. Der Silber-Kurs brach sogar um elf Prozent auf 34,58 Dollar je Feinunze ein. Allein in dieser Woche sank der Silberpreis um fast 30 Prozent. Auch bei den Industriemetallen und Agrar-Rohstoffen gab es deutliche Kursverluste.