Norbert Lammert: Bundestagspräsident kritisiert Merkel-Wort „alternativlos“ bei Euro-Rettungsschirm. Lammert machte dennoch klar, dass er persönlich „von der Unvermeidlichkeit der Konstruktion“ eines Euro-Rettungsschirms (ESM) überzeugt sei.
Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für ihre angeblich „alternativlosen“ Vorgaben zur Euro-Stabilisierung kritisiert. Lammert sagte in einem Interview des Nachrichtenmagazins FOCUS: „Es gibt immer Alternativen.“ Damit „stellt sich immer die Frage, ob es bessere Alternativen zu dem gibt, was dieser oder jene für ein bestimmtes Problem vorgeschlagen hat“. Gerade weil niemand für sich reklamieren könne, die einzig mögliche Lösung zu haben, „bin ich davon überzeugt, dass das Für und Wider im parlamentarischen Prozess abgewogen und am Ende mit einer Mehrheitsentscheidung geregelt wird“.
Lammert machte im FOCUS-Interview klar, dass er persönlich „von der Unvermeidlichkeit der Konstruktion“ eines Euro-Rettungsschirms (ESM) überzeugt sei. Er verlangte aber eine umfassende Beteiligung des Parlaments bei dessen Aufbau: „Der Bundestag darf und wird sich seine erforderliche Beteiligung an der Ausgestaltung des ESM nicht nehmen lassen.“ Wenn deutsches Steuergeld riskiert und dafür der Bundeshaushalt in Anspruch genommen werde, „kann das nicht die Regierung, sondern nur das Parlament entscheiden“, machte der Bundestagspräsident klar. Das Haushaltsrecht als das Königsrecht des Parlaments „steht nicht zur Disposition der Regierung“.
Für eine Beteiligung des Parlaments nannte Lammert drei Punkte als unverzichtbar: der Bundestag müsse an jeder einzelnen neuen Hilfszusage des ESM beteiligt werden. Zudem dürften die EU-Finanzminister rechtsverbindliche Zusagen erst geben, wenn der Bundestag ausdrücklich zugestimmt habe. Und drittens dürfe nur der Bundestag als Ganzes darüber abstimmen. Die Entscheidung dürfe nicht in einem Ausschuss oder anderen Gremium fallen. Nur unter diesen Voraussetzungen könne ein völkerrechtlicher Vertrag zur Etablierung eines dauerhaften Rettungsschirms im Parlament ratifiziert werden. „Niemand sollte die Illusion haben, das könne man per Zuruf in einem kurzen Prozess erledigen“, sagte der Bundestagspräsident.
Zur Frage einer möglichen Diätenerhöhung sagte Lammert, die Abgeordneten seien im Hinblick auf ihre Aufgabenstellung, ihren Arbeitsaufwand und ihre verfassungsrechtliche Stellung ganz sicher nicht überbezahlt. Mit Fragen einer Anhebung der Einkommen solle sich das Parlament aber erst befassen, „wenn die vorrangigen Fragen einer energiepolitischen Neuorientierung und einer dauerhaften Stabilisierung des Euro gelöst sind“.