Sinn: Euro gefährdet wegen der riesigen Kreditmengen, die die Europäische Zentralbank gegen schlechte Sicherheiten in Krisenstaaten hat fließen lassen. - Stoiber: „der ‚Club Med’ der Südländer könnte uns ruinieren. - Wirtschaftsabschwung erwartet.
Der Präsident des Münchner ifo Instituts, Hans-Werner Sinn, warnt vor einem globalem Abschwung. „Die wirklichen Probleme der Weltwirtschaft liegen in den USA und im Euro-Raum“ schreibt Sinn in einem Gastbeitrag für die WirtschaftsWoche. So rechnet Sinn nicht mehr damit, dass die USA in diesem Jahr noch ihr Wachstumsziel von drei Prozent erreichen. Die Euro-Krise belaste zunehmend auch die Konjunktur in Europa.
Das Wachstum der USA sei im ersten Quartal enttäuschend gewesen. „Statt der zumeist erwarteten annualisierten Wachstumsrate von etwa 4,0 Prozent vermeldete die Statistikbehörde der USA nur 1,8 Prozent. Der Ökonom erwartet zudem noch stärkere Turbulenzen um den Euro. „In Europa kriselt es gewaltig. Das Euro-System ist angesichts der riesigen Kreditmengen, die die Europäische Zentralbank (EZB) gegen schlechte Sicherheiten in Krisenstaaten hat fließen lassen, gefährdet.
Stoiber: Folgen der Schuldenkrise könnten dramatischer sein als die des Lehman-Zusammenbruchs – „Ich wollte eine kleinere Euro-Zone“
EU-Berater Edmund Stoiber hat davor gewarnt, dass die andauernde Euro-Krise sich noch verheerender auswirken könnte als der Fall der Investmentbank Lehman Brothers, der die derzeitige Weltwirtschaftskrise auslöste. In einem Interview des Nachrichtenmagazins FOCUS erinnerte der frühere bayerische Ministerpräsident Stoiber, dass er vor der Euro-Einführung die Sorge hatte, „der ‚Club Med’ der Südländer könnte uns ruinieren. Ich wollte eine kleinere Euro-Zone. Aber ich bin als kleinkarierter Erbsenzähler verspottet worden.“
Jetzt aber sei „nicht Besserwisserei gefragt, sondern akute Nothilfe“. Dabei versage die konservative Schwesterpartei der deutschen CDU/CSU, die griechische Nea Dimokratia, „auf ganzer Linie. Sie trägt eine hohe Verantwortung für die Schuldenmisere. Da ist es schon ein Wahnsinn, dass ausgerechnet sie die Leute gegen die Sparpolitik auf die Straße treibt“.
Über das Thema Bürokratieabbau sagte der frühere CSU-Vorsitzende, der die EU-Expertengruppe leitet: „Wir haben bereits 300 Vorschläge mit einem Einsparvolumen von 41 Milliarden Euro vorgelegt.“ Es gehe nicht nur um wirtschaftliche Hürden, sondern um ein Image-Problem der EU. „Die Bürger sehen sie hauptsächlich als bürokratisches Monstrum.“ Auch die einzelnen Mitgliedsstaaten der EU verhedderten sich „bei der Umsetzung Brüsseler Direktiven in ihrem eigenen Regelungsgeflecht“. Im Prinzip arbeite die EU-Verwaltung „nicht so schlecht“.
Der ehemalige Kanzlerkandidat der Union beklagte außerdem, „dass die Wirtschaftskrise zu einem neuen Ruf nach dem Staat geführt hat. Heute geht es nicht mehr um Freiheit oder Sozialismus, sondern um Freiheit oder Sicherheit. Alle schimpfen auf die Bürokratie. Aber individuelle Freiheit und Selbstverantwortung stehen nicht mehr hoch im Kurs. Es gibt eine Sehnsucht nach staatlicher Fürsorge.“