Alan Greenspan wurde am 6. März 1926 in New York geboren. Er dürfte den Crash von 1929 zwar nicht bewusst miterlebt haben, aber die Folgezeit (die „Große Depression“) als Kind sehr wohl. Greenspan verfügt demnach nicht nur über einen großen Erfahrungsschatz als Ex-Fed-Chef, sondern auch über ein Gefühl für eine Vielzahl von Krisensituationen, Rezessionen und einer Depression.
Dieser Mann sagte am Freitag in einem CNBC-Interview, dass die aktuelle Finanzkrise ein „once-in-a-century-Phänomen“ sei. Eine solche Krise käme also nur einmal pro Jahrhundert vor. Er sagte weiter, dass dieses Phänomen über eine Liquiditätskrise hinausgeht und mehr das ist, was man eine „Solvenz-Krise“ nennt. http://www.cnbc.com/id/25953040/
Hallo? Wurden diese Sätze in Deutschland medial wahrgenommen? Fast möchte man mit dem 1871 in Paris ersonnenen Revolutionslied „Die Internationale“ sprechen: „Völker, hört die Signale!“
In Deutschland vergleichen viele deutsche Banken die aktuelle Krise immer noch mit der – vergleichsweise harmlosen – Entwicklung von 1990/91. Wir sind mit Alan Greenspan der Meinung, dass diese Krise größer ist als das, was viele Menschen in ihrem persönlichen Erfahrungsschatz-Portfolio beherbergt haben.
Betrachtet man den Verlauf von geplatzten Blasen, so ergibt sich fast immer im achten Jahr einer Blase ein Einbruch.
Es besteht die Gefahr, dass das Blasenmuster sich auch in diesem Jahr nach unten hin austobt. Im S&P 500 ist durchaus ein zusätzliches Minus von 20 Prozent drin.
Der Verlauf von Finanzkrisen lässt sich grob in die drei Muster Panikphase, Hoffnungsphase und Kapitulationsphase einteilen. Die Panikphase war diejenige vom Hoch im Oktober 2007 bis zum Panik-Tief im Januar 2008. Daran schloss sich die Hoffnungsphase an, die in der Regel einige Monate läuft und in der sich die Märkte unserer Meinung nach derzeit befinden.
Es fehlt – als dritte und abschließende Phase – die Kapitulationsphase. In den großen Finanzkrisen der vergangenen beiden Jahrhunderte war es fast ausnahmslos so, dass sich das Minus der Abwärtsbewegung der Phase 1 (Panikphase) in der Phase 3 (Kapitulationsphase) wiederholte. Das würde bedeuten, dass vom Hoch im Oktober 2007 bis zum Tief der Finanzkrise insgesamt ein Fall von etwa 34 Prozent zu erwarten ist. Für den Dow Jones Index befindet sich dieses Ziel grob zwischen 9.000 und 9.500 Punkten.
Zu einer Kapitulation kommt es dann, wenn realisiert wird, dass die zunehmenden Unterstützungsaktionen der FED und der EZB (Auflegung von „Term Auction Facilities“) sowie der SEC (Veränderung der Short-Regeln) den Märkten nicht helfen und gleichzeitig die Erkenntnis reift, dass ein wirtschaftlicher Abschwung in den USA – aber nicht nur dort – nicht mehr aufzuhalten ist.
Der Teufelskreis, der in den USA mit fallenden Hauspreisen begann und sich jetzt mit hohem Inflationsdruck, fallenden Reallöhnen, einem katastrophalen Verbrauchervertrauen, steigender Arbeitslosigkeit (an diesem Punkt sind wir jetzt) und schließlich mit einem allgemeinen Rückgang des Konsums fortsetzt, ist sichtbar in Gang gekommen.
Je dynamischer sich diese Abwärtsspirale dreht, desto schwieriger wird es, ihr Knüppel zwischen die Beine zu werfen und sie so zum Stillstand zu bringen. Wir sind skeptisch, ob sich hier noch ultimative Kraftanstrengungen ergeben können, die das beschriebene Negativ-Szenario verhindern können. Verfolgen Sie diese Entwicklungen in unserer handelstäglichen Frühausgabe.
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