Wasser 35 Grad, Luft 40, Feuchtigkeit 100% - selbst das laue Lüftchen vom Meer bringt keine Abkühlung. Jede Bewegung verursacht Sturzbäche an Schweißausbrüchen. Was liegt da näher als sich mit einem Kamel fortzubewegen?
Zwei Kamele in Dubai. Ausritt durch die Betonwüste.
von Michael Mross
Schon seit Tagen wandert der Beduine mit dem Zweihöcker auf und ab und bietet die Dienste seiner Tiere feil. Kurze Preisverhandlung: Und schon reite ich gemächlich von dannen.
Doch die Hoffnung auf bequemes Fortbewegen ging leider nicht auf. Ich hatte die Rechnung ohne das Kamel gemacht. Allein schon die die Schaukelbewegung des Wiederkäuers erzwingt gewagte Ausgleichmanöver. Und diese lassen den Schweiß noch stärker strömen.
Ich frage mich, wie diese Tiere so bescheiden und genügsam sein können. Während der Reiter schon nach wenigen Minuten mit Wasser gestillt werden muss, kommen die Viecher offenbar wochenlang ohne kostbares Nass aus. So reiten wir durch die Betonwüste von Dubai – immer am Strand entlang. Sightseeing wie der Einheimische – jedenfalls vor 100 Jahren. Heutzutage bewundert der Emirati seine Bauklötzer natürlich im Rolls Royce. Das Geld dafür zahlen wir schließlich alle an der Tanke zuhause.
Während wir gemächlich an der Skyline Dubai entlang schaukeln frage ich mich, ob die Hochhäuser auch in den nächsten Jahren noch so gradlinig in den Himmel ragen. Schließlich sind sie doch alle auf Sand gebaut und der gibt bekanntlich mit der Zeit nach. Schon gibt es Berechnungen, dass mancher Wolkenkratzer jährlich bis zu 2 Zentimeter im Boden versinkt. In einer Million Jahren ist Dubai also wieder dem Erdboden gleich.
Vielleicht geht’s ja auch schneller – denn die Prachtbauten sind bekanntlich auf besonderem Sand gebaut: Schuldsand. Noch vor einem Jahr war Dubai pleite. Dann flossen aus geheimen Quellen wieder Milliarden. Das Schlimmste wurde verhindert – doch der nächste Knall ist dennoch programmiert. Dubai – das Griechenland am Golf?
Davon ist in den Zeitungen natürlich nichts zu lesen. Die konzentrieren sich lieber auf Europa, Euro und Griechenland statt Probleme daheim anzuprangern. Kritische Berichterstattung kennt man in Dubai nur dann, wenn’s im Ausland kracht. Kritik an den Emiraten oder gar am Herrscher ist dagegen tabu, wird hart bestraft.
Das bekamen im April auch fünf Blogger zu spüren, die im Internet angeblich eine Gefahr für die innere Sicherheit und das Herrschersystem darstellten. Den Scheich stellt hier bekanntlich niemand infrage! Resultat: Die fünf Blogger wanderten ins Gefängnis und warten bis heute auf ein Strafverfahren wegen Aufwiegelung.
In Dubai soll es schließlich ruhig bleiben. Aufruhr wird im Keim erstickt. Überall Überwachungskameras. Arabischer Frühling – der soll woanders stattfinden. Dubai dagegen soll das Symbol der inneren Ruhe, des Friedens sein. „Ein sicherer Hafen“ – wie es der Herrscher selbst definiert.
Doch ob es im Hafen ruhig bleibt, wird die Zukunft zeigen. Das Schuldenbabel wird seinen Tribut für die Finanzkrise noch zollen – auch wenn derzeit alles übertüncht wird.
Friedlich und beharrlich wankt das Kamel durch den weißen Sand am Strand. Es ist wirklich ein schöner Strand. Auch das Wasser mit seinen türkisen Farben ist herrlich. Doch einen Kamelritt kann ich dennoch nicht empfehlen: Eine halbstündige Tour wird mit einer Woche Muskelkater bestraft. Und ins Schwitzen kommt man trotzdem….