Mit einem abenteuerlichen aber ernstgemeinten Vorschlag will die Boston Consulting Group die Schuldenkrise lösen: durch Enteignung der privaten Sparvermögen. - Aus der Theorie könnte bald Wirklichkeit werden, denn die Regierung heuerte nun einen Top-Berater der BCG in die Dienste des Finanzministeriums.
von Roland Klaus
Mit einem abenteuerlichen aber ernstgemeinten Vorschlag will die Boston Consulting Group (BCG) die Schuldenkrise lösen: durch Enteignung der privaten Sparvermögen. Dies wurde in einer großen Analyse vorgeschlagen: In der Studie „Back to Mesopotamia“ (Zurück nach Mesopotamien) fordern die Autoren praktisch eine Teileinteignung der Sparer, um die Schuldenkrise zu entschärfen. Insgesamt verfügen die privaten Haushalte in der Eurozone demnach über ein Vermögen von 18 Billionen EUR. Würde man ihnen ein Drittel davon abnehmen, dann wäre das Schuldenproblem gelöst.
Die Boston Consulting Group rechnete bis ins Detail durch, wie stark die Politiker in die privaten Vermögen der Bürger eingreifen müssten, um die Verschuldungssituation wieder auf ein erträgliches Niveau zurückzuführen (MMnews berichtete).
Nun wird bekannt, dass ausgerechnet ein Top-Berater von BCG künftig an einer Schlüsselstelle im Finanzministerium tätig wird. Wie unter anderem die Financial Times Deutschland schreibt, wird Levin Holle künftig im Ministerium von Wolfgang Schäuble "wichtige Kernfragen zur Wirtschafts- und Währungskrise" vorbereiten. Seltsame Zufälle hält das Leben ja manchmal parat - ob man in diesem Fall daran glaubt, sei jedem selbst überlassen.
Nur böse Zungen sind nun der Meinung, dass Holle damit künftig so etwas wie ein "Abteilungsleiter für Enteignungen" werden könnte. Offiziell jedenfalls ist er für Finanzmarktregulierung, das Zentralbankwesen und für die Bafin zuständig - aber auch in diesem Bereich gibt es ja einiges zu holen. Ob Holle jedoch nur für Problembanken wie die Commerzbank hilfreich sein wird, bleibt abzuwarten.
Pikant ist übrigens auch, dass Holle künftig angeblich nur noch ein Zehntel dessen verdienen soll, was er bislang bei BCG bekommen hat. Bei der Beratungsgesellschaft lag sein letztes Salär bei über einer Million Euro. Im Finanzministerium liegt sein künftiges Gehalt laut FTD bei 125.000 Euro. Dass es zusätzlich noch eine "Erfolgsbeteiligung" an künftigen Einnahmen des Ministeriums geben soll, ist natürlich frei erfunden und dürfte dem Hirn von Verschwörungstheoretikern entsprungen sein.
Über den Autor:
Roland Klaus arbeitet als freier Journalist und Analyst in Frankfurt am Main. Für n-tv, N24 und den amerikanischen Finanzsender CNBC berichtete er von der Frankfurter Börse. In seinem Buch „Wirtschaftliche Selbstverteidigung“ entwirft er eine Analyse der Schuldenkrise und liefert Ratschläge, wie man sich auf die entstehenden Risiken einstellen kann. Sie erreichen Ihn unter: