Günter Wallraff: „Bild-Zeitung will Wulff vernichten“. „Es ist nicht besonders seriös wenn Bild-Chefredakteur Kai Diekmann über viele Jahre vertrauliche Gespräche mit einem Politiker pflegt und diesen dann plötzlich vorführt und öffentlich bloßstellt“.
Der Journalist und Schriftsteller Günter Wallraff hat im Interview mit der Frankfurter Rundschau (Donnerstag-Ausgabe) die Rolle der Bild-Zeitung in der Affäre um Bundespräsident Christian Wulff scharf kritisiert. „Es ist nicht besonders seriös wenn Bild-Chefredakteur Kai Diekmann über viele Jahre vertrauliche Gespräche mit einem Politiker pflegt und diesen dann plötzlich vorführt und öffentlich bloßstellt“, so Wallraff. „Man hat den Eindruck, Bild will ihn vernichten. Das ist keine Demontage. Das ist Vernichtungswille.“
Die Zeitung versuche sich „in der Rolle des Scharfrichters.“ Man dürfe nicht vergessen, „dass Wulff von Bild in einer ganz besonderen Weise aufgebaut, hofiert, gehätschelt wurde“, so Wallraff. „Es bestand ja fast ein intimes Verhältnis zum Springer-Konzern, das war ja fast eine Liebesbeziehung.“ Wulffs Abhängigkeit von der Bild-Zeitung sei bedenklich gewesen, „diese Preisgabe bis hin zur Selbstaufgabe“, sagt Wallraff. „Bis zur Zurschaustellung und Verkitschung seiner neuen Hochzeit - das war die reinste Peinlichkeit.“
Die Symbiose und „Hingabe Wulffs an die Boulevardpresse ist entwürdigend und verabscheuungswürdig“, so Wallraff. „Er war auch ein Werkzeug, ein Geschöpf von Springer und insofern auch von denen beeinflussbar.“ Über Jahre sei die Bild-Zeitung Wulffs Hofberichterstatter gewesen. „Bis er sagte, der Islam gehöre zu Deutschland - da setzte zum ersten Mal eine kritische Berichterstattung ein“, so Wallraff.
Wulff sei aber kein Opfer, sagt Wallraff. „Er war selbst verbissener Verfolger, zum Beispiel bei Johannes Rau, den er damals zum Rücktritt drängen wollte.“ Nun klammere Wulff sich an sein Amt „wie ein Ertrinkender an einen Strohhalm“. Deshalb solle Wulff das Amt „zur Bewährung behalten“, schlägt Wallraff vor. „Aber dann auch bitte lebenslänglich. Damit wäre auch der Steuerzahler entlastet.“ Man solle „ein neues Gesetz schaffen, dass dieser Mann dieses von ihm über alles geliebte und so ramponierte Amt lebenslänglich ausübt – auch über das 67. Lebensjahr hinaus“, so Wallraff. „Das ist die härtere Strafe für die Verfehlungen, die Wulff sich geleistet hat.“