Dax-Konzerne haben 297 Milliarden Euro an Hoffnungswerten aus Firmenkäufen in den Bilanzen
Vor einem möglichen Konjunkturabschwung haben deutsche Unternehmen ihre Bilanzen so stark strapaziert wie noch nie. Nach zahlreichen teuren Übernahmen haben die 30 Dax-Konzerne nach Handelsblatt-Berechnungen 297 Milliarden Euro an sogenanntem Goodwill angehäuft, das sind Hoffnungswerte aus überteuerten Firmenkäufen, für die es keinen materiellen Gegenwert gibt.
Diese Summe kann in einem Abschwung zu einem Milliardenrisiko werden: Lässt die Nachfrage nach den Produkten des übernommenen Unternehmens nach oder rechnet sich dessen Geschäftsmodell nicht, müssen diese Werte abgeschrieben werden – und können damit zu milliardenschweren Verlusten führen.
Bayer hat für den umstrittenen Kauf von Monsanto einen bislang in Deutschland selten erreichten Wert von 23 Milliarden Euro an Goodwill angesetzt.
Bei Thyssen-Krupp könnte die strapazierte Bilanz schon bald zu Problemen führen: Nach Milliardenverlusten aus Stahlgeschäften in Amerika schmolz das Eigenkapital des Unternehmens auf 3,4 Milliarden Euro zusammen. Müsste Thyssen-Krupp infolge schlechter Geschäfte seinen Goodwill in Höhe von 3,8 Milliarden Euro abschreiben, wäre der Mischkonzern überschuldet.
Ähnlich die Situation bei Fresenius: Auch der Gesundheitskonzern weist nach vielen teuren Übernahmen mehr Goodwill aus als Eigenkapital.
„Schwächt sich die Nachfrage und Konjunktur, wie im dritten Quartal begonnen, weiter ab, drohen vielen deutschen Industrie-Unternehmen Abschreibungen und damit Verluste“, prognostiziert Bilanzexperte Kai Lehmann vom Vermögensverwalter Flossbach von Storch. Die Sorge vor einer schwächeren Konjunktur ist berechtigt, wie zahlreiche Ertragswarnungen aus den vergangenen Monaten zeigen, unter anderem von der Deutschen Post, BMW, Daimler und Continental.