Tony Blair: Deutschland soll mehr Haftung für Euro-Krisenländer übernehmen. Blair äußerte „tiefste Sympathie“ für Kanzlerin Angela Merkel: „Es ist eine Wahnsinnsaufgabe. Was Merkel angeht, glaube ich, dass sie viel Mut und Standhaftigkeit bewiesen hat.“
Im Gespräch mit der ZEIT hat der ehemalige britische Premierminister Tony Blair größere Entschiedenheit bei der Euro-Rettung gefordert und den Ansatz des EZB-Präsidenten Mario Draghi verteidigt, Staatsanleihen aufzukaufen, um Spanien, Italien und Griechenland Zeit zu Reformen zu verschaffen: „Was in einer Währungsunion doch überhaupt nicht geht, ist das, was wir gerade erleben. Dass nämlich deren Mitgliedsländer enorm unterschiedlich hohe Zinsen aufbringen müssen, um an Geld zu gelangen. Das geht einfach nicht! Ist die Wirtschaft im Nordosten Englands so stark wie die in London? Nein. Ist in den Vereinigten Staaten Massachusetts mit Mississippi vergleichbar? Nein. Aber niemand spekuliert gegen diese Unterschiede, weil klar ist, dass es letztlich eine Währungszone ist.“
Blair äußerte „tiefste Sympathie“ für Kanzlerin Angela Merkel: „Es ist eine Wahnsinnsaufgabe. Was Merkel angeht, glaube ich, dass sie viel Mut und Standhaftigkeit bewiesen hat.“
Doch Blair kritisiert Merkels Politik der kleinen Schritte und verlangt einen umfassenden Ansatz, um das Vertrauen in die Euro-Zone wiederherzustellen: „Das strategische Ziel lautet: Geld gegen Reform. Aber taktisch ist die Frage: Ist es vernünftig, Schritt für Schritt dorthin gelangen zu wollen, mit dem Risiko, dass die Schritte nie so richtig reichen und der Preis für die Rettung steigt und steigt – oder macht man lieber alles auf einen Schlag?“
„Wir haben im Moment drei Probleme auf einmal“, so Blair. „Ein Solvenzproblem, ein Liquiditätsproblem und ein Wachstumsproblem. Es ist ein bisschen so, wie Menschen Nahrung, Wasser und Sauerstoff brauchen – und zwar alles gleichzeitig. Das heißt, man kann nicht eines dieser Probleme isoliert lösen, man muss sie zusammen angehen. Sonst riskiert man, dass die Maßnahmen immer und immer wieder zu spät kommen.“
Großbritannien dürfe sich nicht von Europa abwenden, sagte Blair: „Großbritannien ist stark betroffen von dem, was gerade innerhalb der Euro-Zone geschieht. Natürlich wird man die Briten im Moment nicht dazu bekommen, irgendwelche Verpflichtungen zu übernehmen. Aber klar ist doch, egal wie die Sache jetzt ausgeht, am Ende wird es einen gewaltigen politischen Umbau der EU geben müssen. Und da habe ich eine tiefe Sorge, dass Großbritannien sich per Referendum aus dem ganzen Prozess verabschieden könnte.“