Die Klimarettung durch die Energiewende ist für die deutsche Regierung, für fast alle Parteien und für die Länder und Kommunen wichtiger als Arbeitsplätze. Über Kosten und Grenzen der Wende wird nicht diskutiert. Ohne zuverlässige und preiswerte Energie können jedoch keine Arbeitsplätze erhalten werden. Neue Arbeitsplätze entstehen im preisgünstigen Ausland.
von Prof. Dr. Ing. Hans-Günter Appel
Lange Zeit war es der deutschen Regierung und der Wirtschaft klar, für eine florierende Industrie wird eine preiswerte und sichere Energieversorgung gebraucht. Strom spielt dabei eine herausragende Rolle, weil damit Energie durch dünne Kabel zu den Verbrauchern gebracht wird, die vor Ort den Strom in Wärme, mechanische Energie, Strahlung oder elektromagnetische Wellen umwandeln.
Jede Steckdose liefert uns eine Leistung von 2,3 Kilowatt (kW). Das ist die Leistung von 23 Menschen. In Deutschland werden pro Jahr und Einwohner rund 50.000 Kilowattstunden (kWh) Primär-Energie genutzt. Das ist die Energie von rund 150 Menschen. Wir können sagen, dank der Energieversorgung haben wir Zugriff auf 150 Arbeitssklaven. Dies ist der Schlüssel zu unserem Wohlstand.
Jeder Arbeitsplatz braucht Energie
Eine höhere Produktivität kann nur erreicht werden, wenn leistungsfähigere Maschinen eingesetzt werden, die mehr Strom brauchen. Gleichzeitig werden zwar effektivere Fertigungsverfahren entwickelt, um Energie einzusparen. Die letzten Jahrzehnte haben jedoch gezeigt, der Strombedarf steigt weiter. Er kann durch eine höhere Effektivität nicht aufgefangen und schon gar nicht reduziert werden.
Jeder Arbeitsplatz muss ausreichend mit Energie versorgt werden. Der Bedarf nimmt mit weiter fortschreitender Automatisierung und Digitalisierung zu. Die Arbeitnehmer dirigieren immer mehr „Arbeitssklaven“. Dazu sind eine immer bessere Ausbildung und eine hohe Verlässlichkeit erforderlich. Wer nicht Lesen und Schreiben kann und die Rechengrundlagen nicht beherrscht, ist an immer mehr Arbeitsstellen nicht mehr einsetzbar.
Wirkung von CO2 wird Axiom
Diese Anforderungen an die Arbeitsplätze sollten der Regierung, den Parteien und den Gewerkschaften bekannt sein. Dennoch befürworten alle (bis auf die AfD) die Stilllegung der Kernkraftwerke und den Ausstieg aus der Kohleverstromung. Weiter soll der Energiebedarf verringert werden und vorwiegend aus regenerativen Quellen kommen.
Notwendig seien diese Forderungen, um das Pariser Klimaabkommen zu erfüllen, welches eine wesentliche Reduktion der Kohlenstoffdioxid (CO2)-Emissionen verlangt. Dabei wird der Einfluss von CO2 nicht mehr hinterfragt. Die Erderwärmung durch CO2 hat durch ständige Wiederholung weltweit den Status eines Axioms erreicht, also eines Grundsatzes, der nicht bewiesen werden muss.
Stromversorgung nicht berechenbar
Würden Sie bei einer solchen Politik noch eine leistungsfähigere Maschine anschaffen, die mehr Strom braucht, der immer teurer wird und deren digitale Steuerung bei Stromausfällen dejustiert werden kann? Stromausfälle werden mit der Aufgabe der Kern- und Kohlekraftwerke deutlich zunehmen. Die Energiewende verhindert Investitionen in produktivere Anlagen, weil weder die Kosten noch die Verlässlichkeit der Stromversorgung in Deutschland berechenbar sind.
Eine „Bepreisung“ der CO2-Emissionen, die von Klimaschützern gefordert wird, führt zu einem weiteren nicht kalkulierbaren Anstieg des Strompreises. Neuinvestitionen werden daher in Ländern getätigt, die eine preisgünstige und verlässliche Energieversorgung haben. Die Arbeitsplätze in Deutschland gehen verloren.
Als herausragendes Beispiel mag die Aluminiumproduktion spielen. Zur Herstellung von einem Kilogramm Aluminium werden 16 Kilowattstunden Strom und 670 Gramm Kohlenstoff benötigt. Der Weltmarktpreis liegt bei 2 Euro. Mit den deutschen Strompreisen ist die Herstellung von Aluminium ein Minusgeschäft. Aluminium-Hersteller müssen abwandern.
Kein Plan für Energie neuer Arbeitsplätze
Nach den Vorschlägen der Kohlekommission sollen alle Kohlenkraftwerke bis zum Jahr 2038 stillgelegt werden. Für die frei gesetzten Beschäftigen in den Kraftwerken und Tagebauen sollen neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Neue Arbeitsplätze benötigen Energie, die gleichzeitig eingespart werden soll. Woher soll diese Energie dann kommen? Hierauf gibt es von der Regierung und den Parteien, die den Kohleausstieg befürworten, keine Antwort. Allein mit Steuergeldern und Infrastrukturmaßnahmen ist es nicht getan. Wenn es tatsächlich zu den geplanten Schließungen kommt, müssen sich viele Mitarbeiter in den Kraftwerken und Tagebauen auf Frühverrentung und Einkommensverluste einstellen. Damit sinkt die Kaufkraft, die mit dem Verlust weiterer Arbeitsplätze verbunden ist.
Niedergang von Parteien und Gewerkschaften durch Energiewende
Immer mehr Arbeitnehmer merken, dass die Parteien und auch die Gewerkschaftsführungen mit der Energiewende ihre Arbeitsplätze gefährden oder bereits vernichtet haben. Das ist der Hauptgrund für den Niedergang der sogenannten Volksparteien CDU und SPD und für die Austritte aus den Gewerkschaften. Die Grünen profitieren zurzeit von dem Wohlstand der Mittelschicht. Das dürfte jedoch eine Seifenblase sein, die mit dem ersten größeren Stromausfall durch die Energiewende zerplatzt.
Parteien und Gewerkschaften sollten ihre Politik überdenken. Wir haben heute bereits zu viele regenerative Stromanlagen. Bei geringer Nachfrage, wie zu Ostern dieses Jahres, muss Strom entsorgt werden. Die Kosten dafür betrugen 17 Millionen Euro. Solche Überschüsse treten im Mittel zweimal im Monat auf. Die Kosten summieren sich auf über 100 Millionen Euro im Jahr.
Es wird Zeit für die Parteien, die Energiewende infrage zu stellen, statt hinter der grünen Utopie her zu laufen. Wir brauchen Parteien mit unterschiedlichen Programmen zur Energiewende und zum Klimaschutz. Im Vordergrund sollten Pläne stehen, wie eine sichere und preiswerte Energieversorgung unter geringster Belastung der Umwelt erreicht werden kann. Mit der Energiewende geht das nicht. Nur dann haben die Bürger wieder eine Wahlmöglichkeit. Die derzeitigen gleichen Aussagen sind eine Katastrophe für die Demokratie.
Es wird dringend Zeit für die Gewerkschaften, Arbeitsplätze wieder in den Vordergrund ihrer Politik zu stellen, statt hinter dem Klimaschutz unter Aufgabe von Arbeitsplätzen her zu laufen, wenn sie ihre Mitglieder halten wollen. Mit der Energiewende sind nur hochsubventionierte Arbeitsplätze entstanden. Zur Erzeugung von regenerativem Strom werden fünfmal mehr Arbeitskräfte benötigt als für Braunkohlenstrom. Regenerativer Strom ist daher deutlich teurer und muss durch Subventionen verbilligt werden. Wann platzt diese utopische Politik?