Wenn die Kohleverstromung beendet wird, werden Stromausfälle zur Regel. Ohne Strom kann nicht produziert und geforscht werden. Arbeitsplätze gehen verloren. Mit der Beendigung der Braunkohlenförderung wird der einzige nennenswerte heimische Energieträger aufgegeben. Deutschland wird erpressbar.
von Prof. Dr. Ing. Hans-Günter Appel
Die Stromversorgung in Deutschland:
Leistung und Leistungsbedarf in Deutschland 2018
Ein Großkraftwerk hat 1.000 MW
Erzeugungskosten der
konventionellen Kraftwerke / Vergütungskosten für Ökostrom
Die Angaben in den Tabellen sind stark gerundet, um die Übersicht und Bewertung zu erleichtern. Die grundsätzlichen Aussagen leiden nicht darunter.
Die Daten zeigen: Deutschland leistet sich eine teure Doppelversorgung. Die installierte Leistung in regenerative Energien hat die Leistung der konventionellen Kraftwerke nicht nur erreicht, sondern inzwischen überschritten. Das gilt auch für die Investitionssummen. Die Installation von einem Megawatt kostet rund 1 Million Euro, sowohl für konventionelle wie für regenerative Anlagen.
Während konventionelle Kraftwerke ihre installierte Leistung ganzjährig nach Bedarf abgeben können (bis auf Reparatur- und Revisionszeiten), liefern die regenerativen Anlagen Leistungen nach der Wetterlage, egal ob Bedarf gegeben ist oder nicht. Bei Flaute und Dunkelheit gibt es weder Wind- noch Sonnenstrom. Dann müssen die konventionellen Kraftwerke die Stromversorgung voll übernehmen. Wir können die regenerativen Anlagen vollständig abschalten, ohne die Stromversorgung zu gefährden. Umgekehrt fließt kein Strom, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint.
Wirtschaftlich ist es ein Unsinn, den teuren regenerativen Strom (mittlere Einspeisevergütung 15 Cent/kWh) bevorzugt in das Netz einzuspeisen, der wegen seiner wetterabhängigen Schwankungen das Netz destabilisiert und daher nur einen geringen Wert (3 Cent/kWh) hat.
Der Stromverbraucherschutz NAEB bezeichnet diesen störenden und fast wertlosen Strom zu Recht als Fakepower, mit dem man keine sichere Stromversorgung betreiben kann. Fakepower soll die Kohlenstoffdioxid-Emissionen aus fossilen Brennstoffen vermindern, um das Klima zu retten. Es hat sich jedoch in den letzten 20 Jahren gezeigt, dies ist ein frommer Wunsch. Die Emissionen sind nicht geringer geworden, obwohl inzwischen etwa ein Drittel unseres Stromes aus regenerativen Quellen kommt.
Doch statt nach dem Warum zu fragen, soll die Versorgung mit Fakepower noch weiter getrieben werden und die verlässlichen Kohlekraftwerke abgeschaltet werden. Die Braunkohlenkraftwerke sollen den Anfang machen, weil sie pro Kilowattstunde die höchsten Kohlenstoffdioxid-Emissionen haben.
Stromausfälle kommen
Man braucht kein Prophet zu sein, um Stromausfälle vorauszusagen, wenn alle Braunkohlenkraftwerke stillgelegt werden. Die Tabelle über die verfügbaren Leistungen reicht dafür. Bei maximalem Leistungsbedarf von 85.000 MW fehlen dann rund 10.000 MW, wenn gleichzeitig der Wind nicht weht und die Sonne sich versteckt.
Um einen Zusammenbruch des Stromnetzes zu vermeiden, müssen dann Industriebetriebe abgeschaltet werden. Dies geschieht heute schon im steigenden Umfang. Die Betriebe werden dafür entschädigt.
Politiker wollen den kommenden Leistungsmangel durch Stromimporte aus den Nachbarländern ausgleichen. Auch dies dürfte ein frommer Wunsch sein. Zurzeit ist Frankreich mit seinen Kernkraftwerken noch ein wichtiger Stromexporteur. Doch die Kernkraftwerke sind in die Jahre gekommen und müssen erneuert werden. Ein Neubau wird aber durch die indoktrinierten Aufsichtsbehörden verzögert und behindert mit immer neuen Sicherheitsauflagen.
Daher wird Frankreich in Kürze seinen Strom selbst brauchen. Auch die anderen Nachbarländer können keine nennenswerten Strommengen exportieren, ohne die Eigenversorgung zu gefährden. Deutschland muss sich daher auf die kommenden Stromausfälle einstellen, die für Industrieansiedlungen nicht förderlich sind.
Arbeitsplätze gehen verloren
Würde sie sich eine leistungsfähigere Maschine anschaffen, die natürlich mehr Strom braucht, wenn Stromausfälle drohen oder gar an der Tagesordnung sind? Natürlich nicht. Es wird nicht nur die Produktion gestoppt, sondern häufig auch die Programmierung durch ein plötzliches Ausschalten gestört. Dann muss die Anlage vor dem Anfahren neu programmiert werden. Das kostet teure Fachleute und Zeit.
Die derzeitige Energie-Wendepolitik zwingt die Unternehmen, neue Investitionen in Ländern mit einer sicheren und bezahlbaren Stromversorgung zu tätigen. Die Arbeitsplätze in Deutschland sind verloren. Die Abwanderung läuft seit 20 Jahren. Sie ist abzulesen an der Reinvestitionsquote von 90 Prozent. Der laufend gemeldete Personalabbau großer Firmen zeigt weitere Arbeitsplatzverluste an.
Der Mensch ist ein schwaches Wesen. Er leistet gerade einmal 100 Watt. Für eine höhere Produktivität müssen Fremdleistungen genutzt werden. Das ist heute weitgehend Strom, der nach Bedarf in Arbeit, Wärme, Licht oder elektro-magnetische Wellen umgesetzt wird.
Viele Arbeitsplätze in der Industrie und in der Landwirtschaft haben heute einen Leistungsbedarf von 100 Kilowatt und mehr. Ohne verlässlichen und preiswerten Strom gibt es keine neuen Arbeitsplätze. Die Kohleausstiegs-Kommission fordert zwar neue Arbeitsplätze für die Kraftwerker und Tagebau-Kumpel, sagt aber nicht, woher die elektrische Energie für die Arbeitsplätze kommen soll. Mit Fakepower geht es halt nicht.
Deutschland wird voll erpressbar
Eigene Kohle war für mehr als ein Jahrhundert die Grundlage der Energieversorgung in Deutschland. Dies änderte sich um 1960. Die Welt wurde mit billigem Erdöl überschwemmt. Die Förderung der Steinkohle an Ruhr und Saar wurde unwirtschaftlich. Damals entschloss sich Deutschland, die Steinkohle zu subventionieren, um in der Energieversorgung nicht vom Ausland abhängig zu werden.
Die Forderung der Gewerkschaften, die Arbeitsplätze zu erhalten, half bei dieser Entscheidung. Die Subventionierung der Steinkohle lief über mehr als 50 Jahre und ist erst vor Kurzen mit der Schließung der letzten Zeche beendet worden.
Die kostengünstige Braunkohle und die Kernkraftwerke wurden das Rückgrat der Stromversorgung. Die täglichen Lastspitzen deckten Steinkohlen-Kraftwerke ab, die mit der Aufgabe der Zechen nach und nach preiswerte Importkohle nutzten. Damit war eine sehr verlässliche und bezahlbare Stromversorgung gegeben.
Es waren die Grünen, die gegen die Kernkraftwerke mit falschen Behauptungen Front machten. Sie erzeugten in der Bevölkerung große Angst gegen radioaktive Strahlung, die weder physikalisch noch medizinisch begründet ist. Sie hatten Erfolg.
Die meisten Deutschen glauben heute an eine große Gefahr, die von Kernkraftwerken ausgeht. Die Aufgabe der Kernkraft in Deutschland wird daher von der Mehrheit unterstützt. So wird eine wesentliche preiswerte Energiequelle aufgegeben und gleichzeitig die Abhängigkeit von importierten Energieträgern vergrößert.
Nun sollen auch die Braunkohlenkraftwerke abgeschaltet werden. Dann haben wir keinen Zugriff mehr auf eigene Energieträger, wenn man von den geringen Anteilen an heimischen Erdgas und Erdöl, sowie der Wasserkraft absieht. Die Defizite von Fakepower sollen durch Erdgas-Kraftwerke ausgeglichen werden. Wir sind dann vollständig von Importen abhängig und damit jederzeit erpressbar.
Das ist offensichtlich der Regierung und führenden Politikern nicht klar. Oder wollen sie uns bewusst in diese Abhängigkeit führen?