Hart ins Gericht geht Familienunternehmer Jürgen Heraeus (83) mit Politik und Kanzlerin: „Frau Merkel bewegt nichts mehr“. Das Land sei „verkommen zu einer Republik von Planfeststellungsverfahren".
Angela Merkel ist der Inbegriff des Unheils für Deutschland
Thilo Sarrazin im Focus
Jürgen Heraeus sieht Deutschland „in einem schlechten Zustand“. Es herrsche „eine große Apathie. Nichts geht voran – außer der Bürokratie“, klagt der Aufsichtsratschef des gleichnamigen Hanauer Milliarden-Konzerns in einem Interview mit dem Handelsblatt.
Heraeus, einer der mächtigsten Familienunternehmer der Republik, sieht das Land „verkommen zu einer Republik von Planfeststellungsverfahren, in dem jede abwegige Meinung und jedes Partikularinteresse berücksichtigt werden muss“. Das scharfe Urteil des 83-Jährigen trifft auch die Spitzen der Bundespolitik samt Kanzlerin: „Frau Merkel bewegt nichts mehr in Deutschland.“
Der hiesigen Wirtschaft attestiert Heraeus einen Niedergang auf breiter Front – von den Energiekonzernen bis zum einst bedeutenden Finanzplatz Deutschland: „Wir hatten ja mal große und international bedeutende Geldinstitute. Und natürlich gilt das vor allem für die hiesige Autoindustrie, deren drohender Niedergang wirklich das verheerendste Zeichen von allen ist.“
Ihn störe zudem „die Halbherzigkeit in der Politik. Die CO2-Emmissionen müssen schrittweise so teuer werden, dass sie uns zu Innovationen geradezu zwingen.“ Heraeus zeigt sich generell enttäuscht: „Tempo und Ehrgeiz, die aus Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg ein ökonomisches Wunder machten, sind jetzt eher in China zu finden.“
Es sei aber „völlig idiotisch, die Volksrepublik zum Feind zu deklarieren. Sie ist nun mal keine Demokratie. Und auch wenn sie viele Dinge machen, die ich nicht gut finde, können wir die Chinesen doch nicht an unseren Wertmaßstäben oder gar kulturellen oder humanistischen Idealen messen“, sagt Heraeus.
Der Unternehmer attackiert in dem Interview auch die EU-Spitze: „Eigentlich müsste spätestens jetzt mal eine Debatte darüber geführt werden, wohin dieses Europa will. Schon um einen zweiten oder dritten Austritt zu vermeiden. Stattdessen schnürt Frau von der Leyen ziemlich großspurig Finanzpakete, die sie gar nicht hat – rund um eine Öko-Strategie, die längst nicht alle Mitgliedsländer mittragen.“
Seine Mahnung: „Wenn es diesem Europa nicht in den nächsten 20 Jahren gelingt, sich gemeinsam als starke Kraft zu positionieren, werden wir zwischen so mächtigen Blöcken wie den USA und China keine Rolle mehr spielen – außer vielleicht als Urlaubs-Destination. Wir müssen Einheit wagen, statt uns in Debatten über Plastik-Strohhalme zu verzetteln“, sagt Heraeus.