Sturm „Yulia“ bläst Windstrom zu neuem Rekord meldet der SPIEGEL. Was das Blatt verschweigt: Allein die Februar-Stürme kosteten die Kunden eine Rekordsumme von 347 Mio. Euro - weil dank EEG Strom bezahlt werden musste den keiner braucht und der an der Börse mit Negativpreisen entsorgt wird.
SPIEGEL: Sturm „Yulia“ bläst Windstrom zu neuem Rekord
Diese Zeche verschweigt das Blatt:
von Prof. Dr. Ing. Hans-Günter Appel
Nach Berechnungen der Denkfabrik Agora Energiewende, einer regierungsnahen Beraterorganisation, stammten während des Sturms Sabine zwischen Mittag am Sonntag, den 9. und Montag, den 10. Februar mehr als drei Viertel des verbrauchten Stroms aus „erneuerbaren“ Energien. Neben Wind- hätten am Sonntag auch noch Solaranlagen dazu beigetragen.
Ein nahezu gleiches Bild gab es eine Woche später durch den Sturm Victoria. Der Netzbetreiber Tennet meldete für Sabine die bisher höchste Windstromeinspeisung in das Netz. Solche Meldungen sind für den Normalbürger, der sich nicht mit den Problemen der Stromversorgung auskennt, ein positives Zeichen für den Erfolg der Energiewende.
Über die Kosten und die Probleme werden die Verbraucher, wie üblich, nicht informiert. Es wird alles getan, um die Energiewende weiter als alternativlos und als die optimale zukünftige Energieversorgung zu verkaufen.
Teurer Windstrom von geringem Wert
Die Produktionskosten von Windstrom an Land sind deutlich höher als von Kraftwerkstrom. Sie liegen in den ersten 20 Jahren bei mindestens 8 Cent/Kilowattstunde (Ct/kWh) mit einer Abschreibung von 5 Prozent/Jahr.
Er wird nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) im Mittel mit 9 Ct/kWh über 20 Jahre vergütet und muss vorrangig in das Netz eingespeist werden. Für den Betreiber ist das eine hohe und sichere Rendite von gut 10 Prozent. Strom aus abgeschriebenen Anlagen kostet etwa 5 Ct/kWh.
Der Wert des Windstroms liegt jedoch deutlich unter den Vergütungs- und Produktionskosten, weil er nicht nach dem Bedarf, sondern nach den Launen des Wetters erzeugt wird. Mal gibt es zu viel, mal zu wenig Windstrom. Strom, der keinen Abnehmer findet, ist nichts wert. Er schafft darüber hinaus noch Probleme. Er muss entsorgt werden, um das Stromnetz nicht zu überlasten. Das ist zusätzlicher Aufwand, der bezahlt werden muss.
Bei Starkwind und geringer Nachfrage sinkt der Wert dann unter Null an den Strombörsen. Das ist inzwischen ein-bis zweimal im Monat der Fall. Im letzten Jahr mussten für die Vernichtung von Wendestrom mehr als 1,5 Milliarden Euro aufgewendet werden.
Der Wendestrom wird von der Bundesregierung und fast allen Bundestagsparteien als Strom der Zukunft zur Rettung des Erdklimas gepriesen. Das ist nicht möglich. Die Bevölkerung wird getäuscht. Der Stromverbraucherschutz NAEB, ein Zusammenschluss von Energiefachleuten, spricht daher zu Recht von Fakepower. Dieser Begriff wird im Folgenden für den Wendestrom benutzt.
Strom aus den Kern-, Kohle- und Gaskraftwerken hat immer einen höheren Wert als Fakepower, weil er bedarfsgerecht produziert werden kann. Dazu ist er noch preiswerter als Fakepower. Kern- und Braunkohlenkraftwerke produzieren den Strom für 3 Ct/kWh. Steinkohlenstrom liegt bei 5 und Strom aus Gaskraftwerken bei 7 – 8 Ct/kWh.
Fakepower muss nach dem EEG bevorzugt in das Netz eingespeist werden. Abnehmer gibt es aber für den wetterwendischen Strom nur entsprechend seinem geringen Wert. Fakepower muss daher zu Dumpingpreisen weit unter den Vergütungskosten abgegeben werden.
Das Verkaufen von Waren unter den Gestehungskosten ist Dumping. Dumping wird weltweit geächtet und verfolgt, weil der Wettbewerb dadurch ausgeschaltet wird. Das größte weltweite Dumping dürfte das gesetzlich geforderte Fakepower-Dumping in Deutschland sein mit einem Volumen von 25 Milliarden Euro im Jahr.
Die Dumpingkosten müssen die Stromverbraucher als EEG-Umlage aufbringen. Die deutsche Regierung und die EU verfolgen das Fakepower-Dumping nicht. Im Gegenteil. Es wird durch das EEG gefordert.
Der Börsenpreis, der sich aus Angebot und Nachfrage ergibt, wird durch Wind- und Solarstrom unter die Erzeugerpreise der Kraftwerke gedrückt. Bei wenig Wind und Sonne unter die von Gaskraftwerken, bei mehr unter die der Steinkohlen- und dann der Braunkohlenkraftwerke. Bei Überschuss an Fakepower kommt es zu negativen Strompreisen. Fakepower wird weit unter den Gestehungspreisen „vermarktet“.
Strompreise steigen bei Sturm
Ingenieure haben gute Arbeit geleistet. Moderne Windgeneratoren können auch noch bei Stürmen betrieben werden und dann viel Strom erzeugen. Die Leistung der Anlagen steigt mit der dritten Potenz der Windgeschwindigkeit. Doppelte Windgeschwindigkeit erhöht die Leistung auf das 8-fache. Bei Stürmen wird viel Windstrom in das Netz zu Vergütungskosten von 9 Ct/kWh eingespeist.
Dafür müssen die Kraftwerke mit geringeren Erzeugungskosten von 3-8 Ct/kWh gedrosselt oder gar abgeschaltet werden. Im Teillastbereich steigen die Erzeugungskosten, weil der Personal- und Finanzierungsaufwandgleich bleibt und der Wirkungsgrad abnimmt. Es wird mehr Brennstoff je Kilowattstunde benötigt.
Abschalten hilft auch nicht weiter. Unter Dampf in Bereitschaft gehaltene Kraftwerke brauchen 10 Prozent des Brennstoffs unter Volllast, ohne Strom zu liefern. Nur die teuren Gaskraftwerke können komplett abgeschaltet und kurzfristig wieder angefahren werden. Kalte Dampfkraftwerke brauchen Tage, bis sie wieder Strom liefern.
Bei Sturm steigen die Gestehungskosten der gedrosselten Kraftwerke auf die Höhe der EEG-Vergütungen. Wir können auf die nicht verzichten. Sie sind regelbar und müssen die schwankenden Wind-und Solarleistungen ausgleichen, um das Stromnetz stabil zu halten. Dafür sind Kraftwerksleistungen von mindestens 45 Prozent der Netzleistung erforderlich.
Noch höher werden die Kosten, wenn zu viel Fakepower im Netz ist. Die Entsorgung überschüssiger Fakepower (negative Börsenpreise) muss zusätzlich zu den Vergütungskosten über die EEG-Umlage bezahlt werden. Während der Stürme Sabine und Victoria wurde rund ein Drittel der überschüssigen Fakepower an das Ausland zu Börsenpreisen abgegeben.
Die Differenz zu den Einspeisevergütungen trägt ausschließlich der deutsche Stromkunde. Die Importeure können sich dagegen über extrem billigen Strom freuen, wenn sie ihn verwenden können. Immer häufiger schafft aber die vom Wetter gesteuerte stark schwankende Fakepower auch im benachbarten Ausland steigende Kosten durch größeren Regelaufwand für ein stabiles Stromnetz.
Steigende Kosten vor den Sturm
Die sprichwörtliche Stille vor dem Sturm gab es auch bei Sabine und Victoria. An den beiden Freitagen vor dem Stürmen war es fast windstill. Die angeschlossenen Kraftwerke liefen auf Volllast mit den günstigsten Erzeugerkosten.
Doch die Stromerzeugung blieb unter dem Bedarf, weil Kraftwerke in Bereitschaft nicht hochgefahren wurden, denn man bereitete sich auf die vorhergesagten großen Windstrommengen an den Wochenenden vor, die ein starkes Drosseln der Kraftwerkserzeugung verlangten. An den Freitagen musste daher Strom importiert werden zu Börsenpreisen von 4 Ct/kWh, also viel höher, als die Exportpreise während der Stürme, die über viele Stunden im negativen Bereich lagen. Ein schlechtes Geschäft.
Zum Ausgleich der Bedarfsspitzen wurden mit hoher Sicherheit an den Freitagen vor den Stürmen energieintensive Industrieanlagen (z. B. Elektrolysen) abgeschaltet, um das Stromnetz stabil zu halten. Dafür erhalten die Betriebe eine Entschädigung, die von den Stromverbrauchern über die Umlage für abschaltbare Lasten nach dem EEG finanziert wird.
Für die Freitage vor den Stürmen liegen mir keine Angaben vor. Solche Situationen treten aber öfter auf. Der Aluminium Norf GmbH in Neuss wurde im letzten Jahr fast 100-mal der Strom für Anlagen abgeschaltet. Auch die Entschädigungskosten müssen den nachfolgenden Stürmen zugerechnet werden.
Fakepower gefährdet das Netz
Die hohen Windleistungen während der Stürme zwangen die Kraftwerke in den niedrigen Teillastbereich mit hohen Erzeugungskosten. Die Kraftwerke mussten weiter mitlaufen, weil deren Momentan-Reserve für ein stabiles Stromnetz erforderlich ist. Die Momentan-Reserve ist die Rotationsenergie der großen Turbinen und Generatoren, die die Netzfrequenz stabil halten, wenn sich Verbraucher zu- oder abschalten, bis die Regelkraftwerke eingreifen. Fakepower destabilisiert das Netz.
Die Gestehungskosten des Stroms während der Sturmperioden dürften bei 10 Ct/kWh liegen. Bei einer mittleren Erzeugerleistung von 60 Megawatt (MW = 1.000 kW) und einer Sturmzeit von 50 Stunden kostete jeder Sturm 300 Millionen Euro.
Mit ausschließlich konventionellen Kraftwerken kann dagegen der Strom für 150 Millionen Euro erzeugt werden, also zu den halben Kosten. Von dem Sturmstrom wurden rund 10 Prozent exportiert oder besser, verschenkt. Ein Teil sogar unter Zuzahlung. Damit kostete jeder Sturm den Kunden 150 bis 180 Millionen Euro durch Fakepower.
Klimaschützer glauben, so die Emissionen von Kohlenstoffdioxid zu reduzieren, die für einen unbewiesenen Klimawandel verantwortlich gemacht werden. Auch das wird nur zum Teil erreicht, weil viele Kraftwerke gedrosselt mit geringem Wirkungsgrad mitlaufen müssen. Die Kohlenstoffdioxid-Emissionen je kWh steigen dann.
Die letzten starken Stürme zeigen einmal mehr eindringlich, eine Stromversorgung mit Fakepower treibt die Kosten in unwirtschaftliche Höhen und destabilisiert das Netz. Jede weitere Fakepower-Anlage erhöht die Stromkosten und bringt Deutschland dem „Blackout“ näher. Sollen wir so weiter machen?