Historischer Crash am Öl-Markt: Der Ölpreis rutschte am Montagabend ins Minus - und zwar auf bis zu -40 USD pro Barrel (159 Liter). Bedeutet: Wer Öl abnimmt bekommt noch Geld dazu. Die Folgen für Staaten und Finanzsystem sind allerdings desaströs.
Ölpreis am Montag: Bis knapp unter -40$ pro Barrel (159 Liter):
von Michael Mross
Verkehrte Welt am Öl-Markt. Der Ölpreis der wichtigsten Marke WTI rutschte erstmalig in der Geschichte drastisch in die Minus-Zone. Bedeutet: wer Öl kauft, bekommt noch Geld dazu. In diesem Fall: Wer ein Barrel Öl kauft (159 Liter) erhielt in der Spitze bis zu 40 $ geschenkt.
Hintergrund: Aufgrund der Corona-Krise ist die globale wirtschaftliche Aktivität praktisch zum Erliegen gekommen. Es wird einfach kein Öl mehr gebraucht. Die Ölquellen sprudeln aber weiter, die Pipelines sind voll, die Tanker sind unterwegs. Das alles kann man nicht so ohne weiteres stoppen.
Bisher versuchte man das überflüssige Öl noch in Lagern unterzubringen. Auch leere Öltanker wurden angemietet, um zwischenzulagern. Doch die Lager sind voll, niemand weiß mehr wohin mit dem Öl.
Folge: Der Ölpreise rutschte am Montagabend ins Minus - und zwar auf bis zu -40 $ pro Barrel (159 Liter).
Die Terminmärkte für Juni zeigen zwar einen positiven Ölpreis um die 20 $ pro Barrel an, wenn es aber dann zum Verfallstag kommt dürfte dort das gleiche Szenario herrschen wie heute.
Das alles ist nicht ohne Implikationen für das gesamte Finanzsystem. Viele Ölproduzenten dürften pleite gehen. Ganze Länder dürften ebenfalls bankrott gehen. Der Mittlere Osten dürfte damit quasi vor dem Aus stehen. Auch Norwegen und Großbritannien sind in Gefahr. Die meisten Ölproduzenten rechnen mit einem Produktions-Preis von etwa 50 $ pro Barrel. Davon sind wir jedoch weit entfernt.
Da viele Öl-Aktivitäten jedoch per Kredit finanziert sind, besonders in den USA, hat die ganze Angelegenheit auch extreme Implikationen auf das Finanzsystem. Wenn Ölproduzenten pleite gehen und ganze Länder vor dem Bankrott stehen kann es zu bedrohlichen Verwerfungen kommen, die keine Notenbank mehr retten kann.
Vor einem besonderen Problem steht der Mittlere Osten. Saudi Arabien, aber auch die Vereinigten Arabischen Emirate (Dubai & Co.) sowie der Iran zum Beispiel. Alle Ölproduktionsländer finanzieren ihren Wohlstand an globalen, auch deutschen Tankstellen. Wenn es für das Öl allerdings wenig, kein, oder sogar Minus gibt, dann ist das Geschäftsmodell dieser Staaten am Ende.
Dort müssen Anarchie und Unruhen befürchtet werden. Insbesondere Saudi-Arabien hat in seinem Haushalt noch mit einem Öl-Preis von rund 100 $ pro Barrel gerechnet.
Probleme dürfte es aber auch in Norwegen geben und in Großbritannien. Ganz abgesehen von Afrika, zum Beispiel Nigeria, deren Haupteinnahmen aus Öl besteht.
Die meisten Ölproduzenten brauchen einen Ölpreis von rund 40-60 $ pro Barrel. Darunter ist die Ölproduktion ein Minus-Geschäft. Und wenn kein Öl mehr verkauft werden kann, sind die Staaten auch pleite. Das gilt auch für Norwegen. Oslo wird deshalb wohl in Kürze bei der EU und Euro anklopfen, denn es könnte vorbei sein mit dem scheinbar grenzenlosen Ölreichtum. (Norwegen ist nicht Mitglied der EU, wollte den Ölreichtum nicht teilen.)
Der Öl-Markt auf der Welt ist einer der größten Industriezweige im Finanzsystem. Wenn dieser Markt nicht mehr funktioniert, könnte dies auch zu einem Zusammenbruch des Finanzsystems führen. Keine Notenbank kann dem entgegenwirken.
Und zu guter Letzt könnte auch der deutsche Fiskus das Nachsehen haben. Denn Benzin und Diesel sind eine der Hauptschröpfungsquellen des Staates. Wird weniger verbraucht, sinken die Steuereinnahmen. Der Staat verlangt derzeit pro Liter Benzin rund 65 Cent Steuern. Hinzu kommt noch die Mehrwertsteuer von 19%. Bedeutet: Von beispielsweise 1,55 Euro für Benzin gehen rund 91 Cent an den Staat.
Einzige Gewinner der Krise könnten jene sein, die immer noch mit Öl heizen. Vielleicht müssen Sie am Ende nur noch die Transportkosten zahlen. Eine starke Erholung des Ölpreises ist jedoch im Moment nicht abzusehen. Wer jetzt seinen Öltank vollmacht, könnte am Ende sogar eine Prämie erhalten.