Abgeordnete von Regierung und Opposition wollen mit dem Europaparlament zusammenarbeiten, damit Deutschland weiter an den Anleihekaufprogrammen der Europäischen Zentralbank (EZB) für EU-Länder teilnehmen kann.
Union, SPD, Grüne und FDP verfolgen einen gemeinsamen Ansatz, um dem jüngsten Urteil des Bundesverfassungsgerichts über die EZB nachzukommen, berichtet die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" unter Berufung auf eigene Informationen. Die Karlsruher Richter hatten festgestellt, dass die Bank versäumt habe, die "Verhältnismäßigkeit" ihres milliardenschweren Kaufprogramms von Anleihen im Euroraum (PSPP) zu prüfen.
Die Richter verboten Deutschland, an diesem Programm weiter teilzunehmen, falls die EZB nicht darlege, dass sie die Wirkungen - etwa hohe Mieten und niedrige Zinsen - berücksichtigt hat. Zugleich wurde angeordnet, dass Bundestag und Bundesrat "verpflichtet sind, auf eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durch die EZB hinzuwirken".
Das Urteil bringt Deutschland nach den Worten der Grünen-Abgeordneten Franziska Brantner in eine "Zwickmühle": Einerseits verlange es, auf eine "Verhältnismäßigkeitsprüfung" bei der EZB "hinzuwirken". Andererseits verbietet die verbriefte Unabhängigkeit der Zentralbank jede Einflussnahme. Als Lösung zeichnet sich eine Idee des CDU-Europaabgeordneten Sven Simon ab: Er schlägt vor, dass nicht der Bundestag eine Erklärung der EZB verlangen solle, sondern das Europaparlament.
Dieses hat nämlich anders als die nationalen Parlamente durchaus das Recht, Fragen an die EZB zu richten. Simon hat deshalb die EZB schriftlich gebeten, ihre internen Beratungen zu den Wirkungen ihrer Kredite öffentlich zu machen. Wenn sie das täte, würde wohl klar, dass sie die Prüfung, die Karlsruhe vermisst, tatsächlich durchgeführt hat, so Simon.
Die Bank ist verpflichtet, zu antworten. Union, SPD, Grüne und FDP unterstützen diesen Vorschlag. Für die CDU sagte der Vorsitzende des Europaausschusses, Gunther Krichbaum der FAS, so könne man "die nötige Stellungnahme der EZB erreichen". Der haushaltspolitische Fraktionssprecher Eckhardt Rehberg merkte an, er sehe hier einen "gangbaren Weg", und Brantner, die europapolitische Sprecherin der Grünen, sprach von einem "Ausweg".
Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion Florian Toncar sieht einen "konstruktiven Ansatz", und der SPD-Abgeordnete Christian Petry sagte, der vorgeschlagene Ansatz könne "helfen".
Mit einer Antwort der EZB ans Europaparlament könnte die erste Forderung aus Karlsruhe erfüllt werden: Dass die Bank darlegt, wie sie die Verhältnismäßigkeit ihrer Kredite geprüft hat. Wie aber kann der Bundestag der Forderung gerecht werden, auf die EZB einzuwirken, ohne ihre Unabhängigkeit zu verletzen? - Hier könnte helfen, dass das Europaparlament mit dem Bundestag verzahnt ist. Manche Europaabgeordnete nämlich können an Ausschusssitzungen des Bundestags teilnehmen. Der Abgeordnete Simon könnte damit die Antwort der EZB auf seinen Brief in den Bundestag einbringen. Rehberg von der CDU meint, der Bundestag könne dann "in einer Debatte dazu Stellung nehmen".
Foto: EZB, über dts Nachrichtenagentur