Die Vizepräsidentin der EU-Kommission, Vera Jourova, hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Anleihekäufen der Europäischen Zentralbank (EZB) kritisiert und Respekt vor dem Primat des Europäischen Gerichtshofs eingefordert. "
Der Europäische Gerichtshof hat das letzte Wort", sagte Jourova dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (Freitagausgabe). "Der EuGH ist die Instanz, die europäisches Recht interpretiert."
Darauf bestehe man. Die Tatsache, dass es das Primat des EU-Rechts gebe, stabilisiere das gesamte System, sagte die aus Tschechien stammende EU-Kommissarin: "Ich kann mir nicht vorstellen, wie die EU ansonsten funktionieren würde." Es sei noch nicht entschieden, ob die EU-Kommission wegen des Urteils ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einleiten werde.
"Wir analysieren das Urteil noch. Wir brauchen noch Zeit, das ist aber eine ernste Angelegenheit", sagte Jourova. Das Bundesverfassungsgericht hatte jüngst geurteilt, die Beschlüsse der EZB zu ihrem Staatsanleihenkaufprogramm PSPP (Public Sector Purchase Programme) seien kompetenzwidrig.
Die Notenbank muss nun die Verhältnismäßigkeit dieses mit Unterbrechung seit März 2015 laufenden Programms darlegen - sonst darf die Bundesbank sich an diesen Käufen nicht mehr beteiligen. Die Corona-Hilfen der EZB klammerte das oberste deutsche Gericht in seinem Urteil jedoch ausdrücklich aus. Mit seiner umstrittenen Entscheidung stellte sich Karlsruhe erstmals gegen ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH).
Foto: Bundesverfassungsgericht, über dts Nachrichtenagentur