Dass immer mehr Konzerne Werbeanzeigen bei Facebook stoppen wollen, um die Online-Plattform damit zu einem stärkeren Vorgehen gegen rassistische und gewaltverherrlichende Inhalte zu bewegen, stößt in Deutschland auf ein positives Echo.
„Wenn zahlungskräftige Konzerne sich nun gegen Hass, Rassismus und Demokratiefeindlichkeit auf Facebook, Instagram & Co. wenden, indem sie wirtschaftlichen Druck ausüben, ist dies ein guter erster Schritt“, sagte der Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion für Industriepolitik und digitale Wirtschaft, Dieter Janecek, dem Handelsblatt. „Mögen weitere folgen.“ Eine „vollständige Ächtung“ rassistischer Propaganda müsse das Ziel sein. „Rassismus als Social-Media-Geschäftsmodell müssen wir konsequent bekämpfen.“
Der FDP-Fraktionsvize Michael Theurer sprach von einer „Selbstregulierungsfunktion des Marktes“, wenn Unternehmen ihre Werbebotschaften nicht in einem „Umfeld hasserfüllter oder diskriminierender Aussagen“ platzieren wollten. „Grundsätzlich sollte sich jeder viel stärker bewusst machen, dass er mit seinem Konsumverhalten das Verhalten von Unternehmen stark beeinflussen kann“, sagte Theurer dem Handelsblatt. Bei aller Machtansammlung insbesondere bei den großen Tech-Konzernen könnten auch die Nachfrager ihre Macht ausspielen. „In diesem Fall erinnert es möglicherweise die Sozialen Medien daran, dass es durchaus auch in ihrem Eigeninteresse ist, ihrer Verantwortung als Medien nachzukommen.“
Der SPD-Digitalpolitiker Jens Zimmermann sieht den Werbeboykott skeptisch. Er begrüße es zwar ausdrücklich, wenn sich Unternehmen kritisch mit den Auswirkungen ihrer Werbeausgaben befassten. „Allerdings scheint mir hier weniger Selbstreflexion Auslöser zu sein, sondern die Sorge vor negativen Auswirkungen der aktuellen Proteste“, sagte der Bundestagsabgeordnete dem Handelsblatt. Deutschen Unternehmen riet Zimmermann, nicht nur jetzt kritisch zu hinterfragen, wo sie Werbung betreiben. „Da sich soziale Netzwerke fast ausschließlich über Werbung finanzieren, kommt den Werbetreibenden eine mächtige Rolle zu“, fügte der SPD-Politiker hinzu. „Wichtig ist dabei, nicht nur den amerikanischen Markt zu betrachten.“ Die Probleme in Europa seien vergleichbar.