An den Finanzmärkten ziehen derzeit dunkle Wolken aus einer Richtung auf, die man so wohl nicht auf dem Schirm hatte. 45 % der Unternehmen Engpässe bei Vorprodukten - ein Rekordwert.
von Sven Weisenhaus
Letzte Woche wurden einige interessante Konjunkturdaten veröffentlicht, die allerdings lediglich die Erwartungen trafen und somit keinen Einfluss auf die Märkte hatten. So stieg zum Beispiel nach ersten Schätzungen von Eurostat die jährliche Inflation in der Eurozone im April auf 1,6 %, von 1,3 % im März.
Zwar ziehen die Verbraucherpreise damit wie erwartet weiter an, und zwar so stark wie seit exakt zwei Jahren nicht mehr, doch liegt die Rate immer noch unter dem Ziel der Europäischen Zentralbank von 2 %.
Und der aktuelle Anstieg ist, wie unter anderem auch von den Notenbanken schon so oft beschrieben, insbesondere Basiseffekten wie den gestiegenen Ölpreisen geschuldet. Die Kosten für Energie verteuerten sich im April mit 10,3 %, nach einem Plus von 4,3 % im März.
Rechnet man die volatilen Preiskomponenten heraus, so kommt man auf eine Inflation von lediglich 0,8 %. Und diese sogenannte Kernrate ist damit sogar gesunken, denn im März lag sie noch bei 0,9 %. Insofern liegen die Notenbanken mit ihren Einschätzungen bislang richtig und die Märkte können sich ungestört weiter über die anhaltende Liquiditätsflut freuen.
Wirtschaftsleistung sinkt im 1. Quartal wie erwartet
Noch unspektakulärer waren die vorläufigen Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt. Wie erwartet kam es hier im 1. Quartal 2021 zu einem Rückgang gegenüber dem Vorquartal. In der Eurozone betrug dieser -0,6 %. Experten hatten sogar einen Einbruch um -0,8 % erwartet, nach einem Minus von 0,7 % Ende 2020.
In Deutschland sank die Wirtschaftsleistung sogar um -1,7 % zum Vorquartal.
Damit hat die deutsche Wirtschaft wegen der dritten Corona-Welle und der erneut verschärften Lockdown-Maßnahmen einen Rückschlag auf dem Weg zum Vor-Krisen-Niveau erlitten.
Aber auch dies war in etwa so erwartet worden. Und die Börsen reagieren auf vergangenheitsbezogene Daten meist nur dann, wenn es deutliche Überraschungen gibt. Da diese aber ausblieben und nach dem Rücksetzer im 1. Quartal bereits wieder vorherrschendes Wachstum unterstellt wird, setzten die Börsen ihre jüngsten Konsolidierungen in relativ engen Bahnen auf hohem Niveau fort.
Dunkle Wolken ziehen aus unerwarteter Richtung auf
Allerdings ziehen derzeit dunkle Wolken aus einer Richtung auf, die man so wohl nicht auf dem Schirm hatte. Denn das rasante Wachstum, welches getrieben ist von den diversen Konjunkturprogrammen der Regierungen und der Liquiditätsflut der Notenbanken, hat auch Schattenseiten. So beklagen inzwischen 45 % der Unternehmen Engpässe bei Vorprodukten - ein Rekordwert, wie das ifo-Institut zu seiner Umfrage berichtet.
Weil das Coronavirus angesichts der fortschreitenden Impfkampagnen ein abnehmendes Risiko für die Konjunkturerholung darstellt, wurde dieses nun durch die Knappheit bei einigen wichtigen Produktionsgütern als das größte Risiko für die Konjunkturerholung abgelöst. Und womöglich zieht hier eine Gefahr für die Wachstumspläne der Unternehmen auf, welche bei einer anhaltenden Problematik in die Aktienkurse eingepreist werden müsste. Das könnte eine Korrektur auslösen.
DAX bricht seinen steilen Aufwärtstrend
Erste Anzeichen dafür gibt es bereits. So hat der DAX letzte Woche seinen steilen Aufwärtstrend gebrochen, bzw. zumindest die entsprechende Aufwärtstrendlinie (dick grün im folgenden Chart). Und er drohte zugleich nach unten aus seiner engen Seitwärtskonsolidierung herauszufallen (gelbes Rechteck). Doch die Mittellinie bei 15.075 Punkten hielt den Index erneut oben, wie auch schon am Mittwoch vergangener Woche (grüner Pfeil).
Sollte diese Unterstützung allerdings unterschritten werden, läge bereits eine kleine ABC-Korrektur vor. Das wäre für das Chartbild aber noch harmlos. Denn ABC-Korrekturen sind in Aufwärtstrends als Gegenbewegungen völlig normal. Meist schließt sich daran eine nächste Aufwärtswelle an. Und daher muss man erst vorsichtig werden, wenn die Kursverluste an Dynamik gewinnen und sich die Korrektur deutlich ausweitet.
Für kurzfristige Trader, die (wie ich) eine stärkere Korrektur erwarten, könnte es sich aber weiterhin anbieten, Stopps zu Long-Positionen unterhalb der Mittellinie bei 15.075 Punkten zu platzieren. Und bei einem dynamischen Rutsch unter diese Marke könnte man direkt in einen kleinen Short-Trade wechseln. Diesen Tipp hatte ich bereits am Donnerstag vergangener Woche gegeben. Und er ist immer noch aktuell.
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