Neben der Geldpolitik will die EZB in Zukunft auch Einfluss aufs Klima nehmen. CO2-Aspekte sollen künftig beim Gelddrucken eine Rolle spielen. Das ist zwar außerhalb ihres Mandats, passt aber gut in den Zeitgeist. Andere Zentralbanken machen mit.
Börsen-Zeitung: "Grüne Disziplinierung", Marktkommentar von Kai Johannsen
Den Zentralbanken kommt im Kampf gegen Klimawandel, Umweltverschmutzung und Nachhaltigkeitsaspekte eine eigene Rolle zu.
Das sehen nicht nur Marktakteure so, auch die Notenbanken selbst thematisieren, inwieweit die Geldpolitik um ein grünes und nachhaltiges Element ergänzt werden muss, damit man der eigenen Rolle gerecht wird und als komplementäres Element zu Regierungen, Regulierern etc. bei der Erreichung von grünen und nachhaltigen Zielen unterstützend wirkt.
EZB-Direktorin Isabel Schnabel hat etwa kürzlich eine grüne Ausrichtung bei Bondkäufen ins Spiel gebracht. Einen Schritt weiter sind ihre Kollegen von der Riksbank. Anna Breman, stellvertretende Chefin der schwedischen Zentralbank, legte unlängst im Interview mit dieser Zeitung dar, wie weit dieses Unterfangen dort bereits ist.
Die Riksbank setzt am eigenen CO2-Fußabdruck an. "Das betrifft unsere eigene Zentralbankbilanz und damit unser eigenes Risikomanagement. Wir haben sehr viele Assets gekauft, und wir bekommen Sicherheiten gestellt, wenn wir Geld an eine Bank verleihen. Wir analysieren dann, was wir an Assets haben und welche eigenen Klimarisiken wir damit auf unserer Bilanz haben", sagt Breman.
Sie gibt ein Beispiel. Im vorigen Jahr hat die Riksbank im Rahmen der Krisenbekämpfung und damit im Bereich des Quantitative Easing angefangen, Unternehmensanleihen zu kaufen. Man habe die Entscheidung getroffen, die mit diesen Anleiheassets verbundenen CO2-Emissionen zu messen und auf der Website zu veröffentlichen.
Man habe zudem negative ESG-Screenings eingeführt. "Das hat natürlich nicht nur etwas mit Klimaaspekten zu tun, sondern hat einen breiteren Fokus und geht in Richtung von Sustainability. Bei diesen Screenings gehen wir viel weiter und sehen uns an, welche negativen Implikationen dort bei Unternehmensanleihekäufen bestehen, die wir durchgeführt haben. Diese Aspekte finden via Risikomanagement dann auch Niederschlag in der Zentralbankpolitik der Riksbank."
Die Geldpolitik um ein grünes und nachhaltiges Element zu ergänzen, wird kein temporäres Phänomen sein.
Der Kampf gegen Klimawandel, Umweltverschmutzung und das Bemühen, sich für eine grüne nachhaltige Welt einzusetzen und entsprechend zu agieren, ist Pflichtprogramm für die Gesellschaft und wird diese dauerhaft prägen.
Deshalb wird auch das entsprechende Agieren der Notenbanken dauerhaft, um ihrer Rolle auf lange Sicht nachzukommen. Und das wird nicht ohne Einfluss auf die Märkte für grüne und nachhaltige Anleihen bleiben.
Wenn eine Zentralbank bei der Stellung von Sicherheiten in Form von Anleihen und anderen Zinspapieren und beim Ankauf im Rahmen des QE darauf achtet, welche Klimarisikopositionen sie damit hat, findet das, wie Breman aufzeigt, Niederschlag im Risikomanagement.
Entscheidet sich eine Zentralbank dann, ihre eigene CO2-Risikoposition zu minimieren, um ihr eigenes CO2-Ziel zu erreichen, bedeutet dies, dass sie bestimmte Anleihen, mit denen sie sich zu hohe Risiken in grüner oder nachhaltiger Hinsicht auf die eigene Bilanz lädt, zum Beispiel nicht mehr als Collateral akzeptiert bzw. mit einem sehr viel höheren Bewertungsabschlag versieht, oder eben bestimmte Zinspapiere nicht mehr im Rahmen des QE erwirbt.
Die Marktwirkung, die dann ceteris paribus bei diesen Anleihen eintritt, ist, dass die Renditen steigen bzw. sich die Spreads ausweiten. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass sich der Emittent mit höheren Refinanzierungskosten konfrontiert sieht. Das mag der eine oder andere Emittent in der Anfangsphase vielleicht noch akzeptieren.
Steigen die Renditen im Vergleich zu den Peers zu weit oder weiten sich die Spreads der Bonds, die nicht mehr als Collateral akzeptiert werden, zu stark aus, wird der Emittent sich auf sehr wohl überlegen, wie er reagiert. Das ist eine einfache Rechenaufgabe. Was kostet den Emittenten mehr? Höhere Renditen bzw. ausgeweitete Spreads in der Refinanzierung oder in eine grüne und nachhaltige Ausrichtung der eigenen Institution zu investieren?
In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass auch noch von anderer Seite eine Wirkung eintritt: Grüne und nachhaltige Anleihen sind am Markt stärker gefragt als ihre nichtgrünen oder nichtnachhaltigen Pendants. Dieser Prozess zu immer tieferen grünen Renditen lässt die nichtgrünen immer nur noch schlechter dastehen.
Das setzt sich die nächsten Jahre auf dem Weg zu einer grünen (Finanzmarkt-)Welt fort. Wenn die Notenbanken in dieser Hinsicht lenkend eingreifen, entsteht eine disziplinierende Wirkung: eine grüne Disziplinierung.