An den Aktienmärkten herrscht die Sorge wegen einer möglichen scharfen Korrektur. Vergangene Woche konnte gerade noch im letzten Moment Schlimmeres verhindert werden. Wie geht es jetzt weiter?
von Sven Weisenhaus
Die Bären haben wieder eine Chance ungenutzt verstreichen lassen. Letzte Woche hatte ich hier in der Börse-Intern geschrieben, dass man mit kleinen Short-Positionen auf den Dow Jones und den DAX ordentliche Gewinne einfahren kann, wenn sich die Aktienindizes nicht sonderlich von ihren Tagestiefs erholen und es heute zu weiter fallenden Kursen kommt.
Doch das Gegenteil traf ein. Es kam zu Kurserholungen und von weiteren Kursverlusten war weit und breit nichts zu sehen.
Kurz bearish, nun schon wieder bullish
Der DAX konnte sich dadurch zum Beispiel in seine Handelsspanne der vorangegangenen Tage zurückarbeiten (oberes gelbes Rechteck), nachdem er mit dem gestrigen Kursrutsch nur ein weiteres Mal die ehemalige Seitwärtsrange von oben getestet hat (unteres gelbes Rechteck).
Dabei wurde ganz knapp das Tief der Welle A unterschritten, so dass man nun durchaus von einer klassischen ABC-Korrektur sprechen kann, die der DAX womöglich vollendet hat. Es könnte nun also wieder aufwärts gehen mit den Kursen.
Die Bären sind seit Monaten chancenlos
Und das sollte dann letztlich auch nicht verwundern. Denn schon seit Monaten dominieren die Bullen den Handel. Sie verhindern konsequent, dass ihnen die Bären das Ruder aus der Hand nehmen.
Gestern war in der Börse-Intern auch zu lesen, dass der Nasdaq 100 in den vergangenen 6 Wochen nur um maximal 2,2 % zurückgesetzt hat. Blickt man etwas länger zurück, dann hat der Technologieindex aber in diesem Jahr immerhin schon Kursrückgänge von mehr als 12 % hinnehmen müssen.
Ganz anders S&P 500, Dow Jones, DAX und auch Euro STOXX 50. Alle vier Indizes kamen in diesem Jahr mit Kursverlusten von weniger als 6 % aus. Um hier jeweils zweistellige Rücksetzer zu finden, muss man schon bis Oktober 2020 zurückgehen. Das ist der absolute Wahnsinn! Und man fragt sich natürlich, wie lange das noch so weiter gehen kann.
Asiatische Aktienmärkte schon seit Mitte Februar schwach
Und um eine mögliche Antwort auf diese Frage zu finden, möchte ich Ihren Blick heute einmal auf die asiatischen Märkte lenken. Denn gestern hatte ich bereits die Leser des „Börse-Intern Premium“ darauf hingewiesen, dass sich der japanische Nikkei 225 schon seit dem 16. Februar in einer Konsolidierung befindet.
Auch der Shanghai Composite strotz seit seinem Hoch von Mitte Februar nicht gerade vor Stärke.
Und der Hang Seng China Enterprises Index befindet sich seit Mitte Februar sogar schon in einer scharfen Korrektur. Vom Hoch bei mehr als 12.200 Punkten hat der Index bis auf nur noch rund 9.800 Zähler um fast 20 % nachgegeben.
In diesem Zusammenhang erinnere ich daran, dass die Corona-Pandemie in Asien begann. Sie ging von dort aus um die Welt. Und die wirtschaftliche Erholung begann ebenfalls in Asien, bevor sie auf den anderen Kontinenten einsetzte.
Wäre es nun denkbar, dass auch die relative Schwäche der asiatischen Aktienmärkte bald auf die westlichen Kurse überschwappt und es hier zeitversetzt zu größeren Konsolidierungen und Korrekturen kommt? Schaue ich noch einmal auf die Saisonalität, wonach es ab Mitte Juli für die Bullen regelmäßig schwieriger wird, sind die Kursverläufe der asiatischen Indizes zumindest ein weiteres Warnsignal.
Auch der Dow Jones mit abgeschlossener ABC-Korrektur
Aber wie der DAX (siehe erster Chart oben), hat auch der Dow Jones sein bearishes Signal von gestern neutralisiert und womöglich eine ABC-Korrektur abgeschlossen.
Und so ist in der westlichen Welt weit und breit noch nichts von einer saisonalen Schwäche zu sehen. Aber auch das ist typisch. Denn wie ich hier schon wiederholt geschrieben habe, steigen die Aktienkurse bis Mitte Juli gewöhnlich noch einmal stark an, bevor es bis Oktober tendenziell abwärts geht (siehe unter anderem Börse-Intern vom 24. Juni). Im Dow Jones sind steigende Kurse sogar bis Ende Juli nicht ungewöhnlich, insbesondere in US-Nachwahljahren.
Und mit dem heutigen starken Kursanstieg nach der ABC-Korrektur liegt auch der nötige neue Schwung vor, um die Kurse auf neue Jahreshochs zu treiben – womöglich noch ein letztes Mal.
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