Die EU wird im Rahmen ihres Green Deal ihren ersten grünen Bond emittieren. "Green Finance" ist mittlerweile auch ein Betätigungsfeld großer Zentralbanken geworden. Notenpresse heiß laufen lassen um den Planeten abzukühlen?
Börsen-Zeitung: "Zwei grüne Billionen", Marktkommentar von Kai Johannsen
Der Markt für grüne, soziale und nachhaltige bzw. nachhaltigkeitsgebundene Anleihen steht kurz davor, den nächsten Meilenstein zu setzen. Das ausstehende Volumen dieser zweckgebundenen Anleihen, mit denen etwa Klima- und Umweltschutzprojekte oder soziale oder nachhaltige Unterfangen finanziert werden, knackt in Kürze die Marke von umgerechnet 2 Bill. Dollar (die Billion im deutsche Sinne versteht sich). Aktuell sind es per Freitag der abgelaufenen Woche laut Bonddata 1,96 Bill. Dollar.
Das Marktsegment übertrumpft damit deutlich den Markt der Bundesanleihen, der per abgelaufene Woche nach Angaben der Deutschen Finanzagentur, die für das Liquiditäts- und Schuldenmanagement des Bundes verantwortlich zeichnet, auf eine ausstehende Kapitalmarktschuld aller Bundeswertpapiere von 1,563 Bill. Euro kommt. Der Markt der Green Bonds, der sich im Laufe der Jahre hin zu den Sustainability Bonds immer weiter entwickelt hat, kommt damit auf eine atemberaubende Entwicklung.
Seinen Ausgangspunkt nahm der Green-Bond-Markt im Jahr 2007. Pionier dieses Segments ist die Europäische Investitionsbank (EIB), die Bank der EU. Seinerzeit emittierte die im Großherzogtum Luxemburg beheimatete EIB ihren ersten grünen Bond, den sogenannten Climate Awareness Bond (CAB) und legte damit den Grundstein. Aber es waren nicht alle Akteure am Bondmarkt von dem Unterfangen so richtig überzeugt.
"Am Anfang hat uns so mancher für unsere Idee der Green Bonds belächelt, vielleicht deshalb, weil man sich nicht vorstellen konnte, dass aus dieser Nische mal ein großes Marktsegment und damit eine enorme Erfolgsgeschichte werden könnte. Wir haben uns bei der EIB von dieser Skepsis aber nie beeindrucken lassen und sind unseren Weg mit den Climate Awareness Bonds konsequent weitergegangen, weil wir von der Sinnhaftigkeit und dem Nutzen von Green Finance vollends überzeugt waren und sind. Später haben wir diesen Ansatz ja auch auf die Sustainability Bonds ausgeweitet. Wie man heute sieht, war unsere Entscheidung zweifelsohne richtig", sagt Werner Hoyer, Präsident der EIB, der Börsen-Zeitung.
Im Laufe der Jahre nahm der Markt dann immer mehr an Fahrt auf. Neue Emittenten kamen dazu. Der Markt bekam seine Standards wie etwa mit den Green Bond Principles der International Capital Market Association (ICMA), d. h. freiwillige Prozessleitlinien für die Emittenten solcher Klima- und Umweltschutzanleihen. Diese Prinzipien wurden später dann auch für die Social Bonds und die nachhaltigen bzw. nachhaltigkeitsgebundenen Anleihen weiterentwickelt. Auf EU-Ebene kam die Taxonomie hinzu.
Der Club der grünen Bondemittenten bekam im Laufe der Zeit immer mehr Mitglieder. Im vorigen Jahr kam im September auch der Benchmark-Emittent der Eurozone, d. h. der Bund, dazu, der sich doch lange zierte, grün zu werden. Mittlerweile ist er dabei, eine komplette grüne Renditestrukturkurve aufzubauen - vor rund drei Jahren fast undenkbar. Im laufenden Monat wird es das nächste prominente Mitglied geben. Die Europäische Union (EU) wird im Rahmen ihres Green Deal ihren ersten grünen Bond emittieren. Und nach den Erfahrungen mit den Social Bonds der EU-Staatengemeinschaft wird man sich darauf einstellen können, dass die grünen EU-Papiere den Verantwortlichen praktisch aus den Händen gerissen werden. So groß ist die Begeisterung am Green-Bond-Markt.
Green Finance ist mittlerweile auch ein Betätigungsfeld großer Zentralbanken geworden wie etwa der schwedischen Riksbank. Im Rahmen des Quantitative Easing (QE) sehen sich die schwedischen Währungshüter an, welchen CO2-Fußabdruck die Bilanz der Notenbank hat, und steuern diesen entsprechend. Darüber erhält die Notenbankpolitik ein grünes Element. Auch die EZB hat derartige Vorstellungen für ihre Politik.
Die grünen Anleihen diverser Emittenten handeln mittlerweile mit Renditen, die unter denen der nichtgrünen Anleihen liegen. Bezeichnet wird dies als das Greenium, zusammengesetzt aus Green und Premium, also einer grünen Prämie. Die Kapitalanleger sind also bereit, einen höheren Preis für eine Anleihe zu bezahlen, die grünen Zwecken zugutekommt. Anders ausgedrückt: Sie akzeptieren eine geringere Rendite im Vergleich zu den konventionellen Bonds. Auch das ist eine Errungenschaft dieses Marktes.