Die Ereignisse in der Ukraine lassen die Finanzmärkte Achterbahn fahren. Zwischendurch kam es diese Woche fast zum Crash. Die Politik bewegt die Börsen. Wie geht es jetzt weiter?
von Sven Weisenhaus
Leser des Target-Trend-Spezial erhielten von mir in den vergangenen Tagen den Rat, beim Eingehen von Long-Trades die Bereitschaft zu haben, bei weiter fallenden Kursen weitere Long-Positionen nachzukaufen, um dann beim nächsten Aufwärtstrend Gewinne zu erzielen. Denn es war zu erwarten, dass der DAX aus seiner monatelangen Seitwärtsbewegung nach unten ausbrechen würde. Und genau dies ist nun unter hoher Dynamik geschehen.
Mein Hauptgrund für diese Erwartung war: US-Aktien haben für eine Marktbereinigung noch nicht ausreichend korrigiert. Und es war klar, dass weitere Kursverluste an den US-Märkten den DAX mit nach unten ziehen würden (siehe dazu unter anderem auch die Börse-Intern vom 8. Februar). Dass nun die Aktionen Russlands den bearishen Ausbruch initiiert haben, ist charttechnisch irrelevant.
Der DAX dürfte die Russland-Krise gut wegstecken
Ich sehe darin übrigens kein Problem, das einen Crash auslösen könnte. Denn der deutsch-russische Warenhandel summierte sich 2021 auf lediglich knapp 60 Milliarden Euro. Das entspricht nur etwa 2 % des gesamten deutschen Warenaustauschs mit anderen Ländern. Russland belegt damit Rang 13 der wichtigsten Handelspartner Deutschlands. Sanktionen gegen Russland sollte die deutsche Wirtschaft daher relativ problemlos wegstecken – und somit auch der DAX.
Deutsche Wirtschaft hat Rückenwind
Zumal die deutsche Wirtschaft wieder stärker in Schwung kommt. Darauf deuten zumindest aktuelle Stimmungsumfragen hin. Der heute veröffentlichte ifo-Geschäftsklimaindex stieg den zweiten Monat in Folge – sogar überraschend deutlich auf 98,9 Punkte, nach 96,0 Zählern im Januar. Mehrheitlich wurde nur mit einem Anstieg auf 96,5 Punkte gerechnet.
Dabei schätzten die rund 9.000 befragten Unternehmen sowohl ihre aktuelle Lage als auch die Aussichten für die kommenden sechs Monate deutlich besser ein als zuvor. Grund dafür dürfte insbesondere das Überwinden der Omikron-Welle sein. Denn damit gehen Öffnungsschritte einher, von denen Sektoren wie Handel, Gastronomie und Reisen profitieren.
Der ifo-Geschäftsklimaindex bestätigt dabei die gestrigen Einkaufsmanagerdaten. Zwar gab der Stimmungsindikator für die Industrie in Deutschland von 59,8 auf 58,5 Punkte leicht nach, er liegt damit aber noch weit oberhalb der Schwelle von 50 Zählern, ab der Wachstum signalisiert wird. Und der Service-Index legte von 52,2 auf 56,6 Punkte kräftig zu, was den Wert für die Gesamtwirtschaft von 53,8 auf einen aktuellen Stand von 56,2 trieb.
Auf das kurzfristige Kursgeschehen haben diese positiven Frühindikatoren wenig Einfluss. Denn die Börsenstimmung wird derzeit von der Russland-Krise dominiert. Und da wären steigende Energiepreise eine mögliche Belastung, sollte Russland die Belieferung mit Öl und Gas (weiter) einschränken. Allerdings zeigen die Stimmungsumfragen, dass die deutsche Wirtschaft mit Rückenwind aus der Omikron-Krise herauskommt und in die Russland-Krise hineingeht. Und das gibt dem DAX eine solide Basis, die allzu tief fallende Kurse verhindern dürfte.
Keine Panik!
In der heutigen Ausgabe des Target-Trend-Spezial schrieb ich daher auch, dass man jetzt nicht in Panik geraten sollte. Im Gegenteil: Sehr wahrscheinlich können wir den DAX nie wieder zu so günstigen Kursen kaufen. Wie günstig die Kaufkurse noch werden, bleibt allerdings abzuwarten. Zunächst ist eine Beruhigung der Situation abzuwarten, um nicht ins „fallende Messer“ zu greifen!
War es das schon?
Wobei es nur gestern Abend nach einem fallenden Messer aussah. Heute ist die Börsenwelt scheinbar schon wieder eine ganz andere. Denn es ist zu einer kräftigen Erholung gekommen. Interessant ist aus Sicht der Target-Trend-Methode, dass der Kursrutsch im DAX exakt an der Mittellinie bei 14.365 Punkten endete. Dies unterstreicht noch einmal deutlich die Relevanz der Target-Trend-Linien.
Schwingt der deutsche Leitindex schnell zurück in den Bereich der monatelangen Seitwärtsbewegung, ist bereits Entwarnung angesagt. Dann hat der bekannte Börsenspruch „Kaufen, wenn die Kanonen donnern“ wieder gezogen.