Der von populistischen Sanktionstreibern geforderte Gas-Stopp aus Russland bedeutet mehr, als Zuhause frieren. Er bedeutet das Ende des Wirtschaftsstandortes Deutschlands. Die deutsche Industrie schlägt Alarm.
Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, hat eindringlich vor einem Boykott russischen Erdgases gewarnt. „Europa hat mit seinem dichten Pipeline-Netz von Norwegen über die Ukraine bis nach Algerien einen Standortvorteil, der viele Jahrzehnte den sicheren und wettbewerbsfähigen Bezug von Gas ermöglicht hat", sagte Russwurm der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (F.A.S.). "Wenn wir diesen Vorteil plötzlich aufgeben, wird unsere einzigartige Industriestruktur nicht aufrecht zu erhalten sein.“
"Nicht nachvollziehbar" nannte der frühere Siemens-Manager die jüngste Stellungnahme der Wissenschaftsakademie Leopoldina, wonach ein kurzfristiger Gas-Lieferstopp handhabbar wäre. „Wir müssen davon ausgehen, dass es bei einem Lieferstopp zu Rationierungen kommen wird", warnte er. "Die Folgekosten durch drohende Zwangsabschaltungen und die Auswirkungen auf die Beschäftigung sind immens und langfristig. Wir sollten alles tun, diese Situation abzuwenden.“
Russwurm plädierte dafür, bei bei der Abkopplung von Russland einen Schritt nach dem anderen zu tun. "Öl und Kohle sind etwas leichter von anderen Lieferländern per Schiff zu beziehen, beim Gas geht das nur schrittweise und braucht eine längere Vorlaufzeit.“
Zuletzt hatte der frühere Bundespräsident Joachim Gauck angeregt, unter dem Schlagwort "Frieren für die Freiheit" das russische Gas zu boykottieren. Nach den europäischen Notfallplänen müsste in einem solchen Fall jedoch zunächst die Industrieproduktion stillgelegt werden, da Privathaushalte als "geschützte Kunden" eingestuft sind.