Ohne Rücksicht auf Deutschland: EU-Chefin Von der Leyen will Russland-Sanktionen auf wichtige Sberbank ausweiten und bereitet Mechanismus für Öl-Embargo vor. 30% des Öls kommt aus Russland. Folgen wären verheerend, besonders in Ostdeutschland.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen plant die Ausweitung der russischen Sanktionen auf die wichtige Sberbank und bereitet einen Mechanismus für ein Ölembargo vor. Mit Blick auf das anstehende sechste Sanktionspaket sagte von der Leyen der BILD am SONNTAG: "Wir sehen uns weiter den Bankensektor an, insbesondere die Sberbank, die alleine 37 Prozent des russischen Bankensektors ausmacht. Und natürlich geht es um Energiefragen."
Die EU-Kommission entwickelt laut von der Leyen "gerade kluge Mechanismen, damit im nächsten Sanktionsschritt auch Öl einbezogen werden kann". Oberstes Ziel sei es, Putins Einnahmen zu schrumpfen. Was nicht passieren dürfe, sei, dass Putin auf anderen Märkten noch höhere Preise für Öl-Lieferungen kassiere, die sonst in die EU gingen.
Ausdrücklich verteidigte von der Leyen die Bundesregierung gegen den Vorwurf, bei Sanktionen gegen Russland zu bremsen: "Deutschland hat allen fünf Sanktionspaketen, die wir vorgeschlagen haben, innerhalb von 48 Stunden zugestimmt. Noch nie ist die EU so geschlossen, entschlossen und tatkräftig aufgetreten wie jetzt. Daran hat Deutschland seinen Anteil."
Von der Leyen unterstrich die Wirkung der bereits geltenden Strafmaßnahmen gegen Moskau: "Die Sanktionen fressen sich Woche für Woche tiefer in die russische Wirtschaft." Der Export nach Russland sei um 70 Prozent eingebrochen, das Bruttoinlandsprodukt in Russland werde um 11 Prozent einbrechen. "Russlands Staatsbankrott ist nur eine Frage der Zeit. Putin zerstört mit diesem Krieg auch sein eigenes Land und die Zukunft seiner Bevölkerung", so von der Leyen.
Ein EU-Pyrrhussieg?
Die Folgen für Deutschland wären katastropphal, besonders deshalb, weil Ölraffinarien nicht einfach auf andere Ölsorten umgestellt werden könnem. Sie sind auf den Rohstoff einer spezifischen Qualität eingespielt - ganz abgesehen von der Frage, ob Ersatz überhaupt zu bekommen ist. Das Manager Magazin schreibt: Doch die Sache ist nicht ganz einfach. Etwa ein Drittel des in Deutschland verarbeiteten Rohöls kommen aus Russland. "Die Sanktionen müssen so sein, dass wir durchhalten können. Im Zweifel nicht nur drei Tage", sagt Wirtschaftsminister Robert Habeck (52, Die Grünen).
Fest steht, dass ein Öl-Embargo gegen Russland gravierende Folgen für Ostdeutschland hätte. Dort sitzen zwei große Raffinerien, für die eine Belieferung mit Rohöl ohne Russland nicht so einfach wäre.
Die PCK Raffinerie im brandenburgischen Schwedt in der Uckermark, rund 110 Kilometer nordöstlich von Berlin, verarbeitet nach eigenen Angaben jährlich bis zu 12 Millionen Tonnen Rohöl und gehört damit zu den größten Rohöl-Verarbeitungsstandorten in Deutschland. Die Raffinerie versorgt Berlin und Brandenburg zu 90 Prozent mit Benzin, Kerosin, Diesel und Heizöl. Neun von zehn Autos in dieser Region fahren mit Kraftstoff aus Schwedt. Das Rohöl erhält die PCK Schwedt über die Pipeline Druschba (russ., "Freundschaft") aus Russland. Laut Wirtschaftsverband Fuels & Energie (en2x) ist die Raffinerie vollständig auf russisches Rohöl ausgerichtet. Eine Umstellung auf eine andere Rohöl-Sorte ist daher nicht von heute auf morgen möglich.