Michael Hüther, der Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW), warnt vor voreiligen Schlüssen, nachdem Russland in dieser Woche wieder damit begonnen hat, Gas durch die Pipeline Nord Stream 1 zu liefern. Die Wiederaufnahme der Lieferungen nach dem Ende der geplanten Wartungsarbeiten sei kein Grund zur Entwarnung. "Russland liefert jetzt wieder durch Nord Stream, aber wir können uns nicht darauf verlassen, dass auch im Winter Gas fließen wird", sagte der Ökonom und Historiker zu der "Welt am Sonntag".
"Es ist Putin zuzutrauen, dass er das Gas erst wieder aufdreht, um uns ein falsches Gefühl von Sicherheit zu geben, um es dann zu Beginn des Winters, wenn es kalt wird und Europa das Gas braucht, wieder abzudrehen. Das Schlimmste für die Wirtschaft und für die Stimmung in der Bevölkerung sind starke Schwankungen und eine Situation, in der man sich auf die Lieferungen nicht verlassen kann. Und genau das will Putin." Der permanente Alarmzustand und die seit Wochen im Raum hängende Drohung mit einem Gaslieferstopp spielten Putin auch psychologisch in die Hände, sagte Mazda Adli, einer der renommiertesten europäischen Stressforscher. "Es gibt wenig, was uns mehr stresst, als wenn die Zukunft unvorhersehbar und nicht kontrollierbar scheint", sagte der Chefarzt der Fliedner-Klinik Berlin in der "Welt am Sonntag". "Genau das erreicht Putin aber mit seinem Hin und Her."
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