Die staatliche Förderbank KfW warnt vor einer „Ära schrumpfenden Wohlstandes“ - und benennt als Ursache den Fachkräftemangel. Mangelnde Energiesicherheit und hohe Energiepreise als wirklichen Grund für die Misere verschweigt das Institut.
Die staatliche Förderbank KfW warnt mit ungewohnt deutlichen Worten vor einer wirtschaftlichen Zeitenwende zum Negativen in Deutschland. Das Fundament für weiteres Wohlstandswachstum bröckelt, heißt es in der Analyse, über die die F.A.Z. vorab berichtet (Montagausgabe). Der Rückgang des Fachkräfteangebots sowie die schwache Produktivitätsentwicklung in den Unternehmen sehen die KfW-Fachleute als Bedrohung. Wenn sich daran nicht ändert, träte Deutschland noch in diesem Jahrzehnt in eine „Ära anhaltend stagnierenden, womöglich schleichend schrumpfenden Wohlstands“ ein. „Zunehmende Verteilungskonflikte und eine verstärkte Nutzungskonkurrenz um knappe Ressourcen“ seien zu erwarten.
KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib warnt in der F.A.Z. vor einem Problem historischen Ausmaßes: „Die Kombination von langfristig schrumpfendem inländischem Arbeitskräfteangebot und schwacher Produktivitätsentwicklung stellt eine einzigartige Herausforderung dar, die so in der Nachkriegszeit für uns neu ist“, sagte die Ökonomin.
Die Fachleute der Förderbank sehen drei Rezepte, um die Misere abzuwenden: erstens mehr Menschen in Deutschland in Arbeit bringen, zweitens mehr Zuwanderer ins Land locken und drittens die Arbeitsproduktivität steigern. Keine dieser Stellschrauben könne das Problem alleine lösen. Die Nettozuwanderung müsste beispielsweise von 330 000 Personen im Jahr 2021 auf 1,8 Millionen Zuwanderer im erwerbsfähigen Alter je Jahr steigen, wenn allein dieses Hebel genutzt werde, um die Lücke zu schließen. „Eine Nettozuwanderung in dieser Größenordnung erscheint unrealistisch“, heißt es in der Studie.
Konkret macht sich die KfW für eine ganze Reihe von Maßnahmen stark. Um die Erwerbsquote in Deutschland zu steigern, müssten vor allem die kulturellen und finanziellen Hürden für Frauen abgebaut werden, die sie bislang daran hindern, mehr Stunden berufstätig zu sein. „Eine Reform des Ehegattensplittings, die eine Arbeitsaufnahme für beide Ehepartner finanziell attraktiv macht, würde die Fehlanreize verringern“, sagt Chefvolkswirtin Köhler-Geib. Um mehr Zuwanderer in den deutschen Arbeitsmarkt zu integrieren ist es nach Ansicht der KfW unter anderem nötig, ihnen schneller Deutschkurse anzubieten, damit sie im Beruf rascher Fuß fassen können. Auch müsse die Anerkennung im Ausland erworbener Abschlüsse erleichtert werden.