EZB-Ratsmitglied erwartet langanhaltend hohe Inflation. Die Historie habe gezeigt, dass „bei einer Inflation von acht Prozent und mehr ein sehr langsamer Rückgang folgt“. Was bedeutet das für unser Geld?
Erst vor einer Woche hat das Statistikamt die offizielle Inflationszahl in Deutschland nach unten getrickst. Aufgrund neuer Berechnungsgrundlagen kommt das Amt für 2022 nun auf nur noch 6,9 Prozent Inflation. Gefühlt dürfte die Preissteigerung jedoch drastisch höher liegen, in der Gegend zwischen 10 % und 20 %, je nachdem wie die Schwerpunkte des Verbrauchers liegen.
Was bedeutet 10 % Inflation? Wie viel Kaufkraft hat das Geld dann in zehn Jahren verloren?
Die Rechnung ist simpel:
Entwicklung Kaufkraft, Inflationsrate 10% | |||
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Jahr: | Kaufkraft Jahresbeginn: | Wertverlust Gesamt: | Kaufkraft Jahresende: |
1 | 1.000,00 | -9,09% | 909,09 |
2 | 909,09 | -17,36% | 826,45 |
3 | 826,45 | -24,87% | 751,31 |
4 | 751,31 | -31,70% | 683,01 |
5 | 683,01 | -37,91% | 620,92 |
6 | 620,92 | -43,55% | 564,47 |
7 | 564,47 | -48,68% | 513,16 |
8 | 513,16 | -53,35% | 466,51 |
9 | 466,51 | -57,59% | 424,10 |
10 | 424,10 | -61,45% | 385,54 |
Doch das ist nur die halbe Wahrheit!
Kaufraft Verlust bei Inflation
Aus 1000 Euro werden in 10 Jahren
- 2% Inflation —-> 820 = -180 Euro
- 5% Inflation —-> 610 = -390 Euro
- 10% Inflation —-> 385 = -615 Euro
- 20% Inflation —-> 162 = -838 Euro
Preissteigerung in 10 Jahren bedeutet
Ein Produkt von heute 1000 Euro kostet in 10 Jahren bei
- 2% Inflation —-> 1220 Euro
- 5% Inflation —-> 1630 Euro
- 10% Inflation —-> 2600 Euro
- 20% Inflation —-> 6200 Euro
Lebensmittel Inflation aktuell:
- Gurken 0,50 —-> 2,00 Euro
- Würstchen (6er Pack) 1,00 —-> 2,40 Euro
- Margarine 1,50 —-> 2,20 Euro
- Salami 1,99 —-> 2,70 Euro
1000 € haben also in zehn Jahren dann nur noch eine Kaufkraft von 385 € - mit allen Konsequenzen. Bei entsprechend höherer Inflation schmilzt die Kaufkraft natürlich noch weiter dahin. Und ein Rückgang der Preissteigerungen scheint bisher kaum in Sicht. Das gibt selbst die EZB zu.
Der österreichische Notenbankchef Robert Holzmann geht von einer langanhaltenden starken Teuerung im Euro-Raum aus. „Ich erwarte, dass es noch sehr lange dauert, bis die Inflation zurückgeht,“ sagte er im Interview mit dem Handelsblatt. Die Historie weltweit habe gezeigt, dass „bei einer Inflation von acht Prozent und mehr ein sehr langsamer Rückgang folgt“. Sorgen bereitet Holzmann vor allem die hohe Kerninflationsrate, bei der Energie und Lebensmittel ausgeklammert werden. Er gehe davon aus, dass sich diese im ersten Halbjahr nicht wesentlich abschwächt.
Das EZB-Ratsmitglied spricht sich daher für weitere kräftige Zinserhöhungen aus. Er sei zum aktuellen Zeitpunkt dafür, die Zinsen auf den Ratssitzungen im März, Mai, Juni und Juli um jeweils einen halben Prozentpunkt anzuheben. Derzeit liegt der Leitzins im Euro-Raum bei drei Prozent, der Einlagenzins beträgt 2,5 Prozent. Holzmann geht davon aus, dass das Zinsniveau damit noch weit vom restriktiven Bereich entfernt ist, wo die Geldpolitik die Wirtschaft bremst. Diesen Punkt sieht er erst ab einem Einlagenzins von ungefähr vier Prozent erreicht. „Wenn wir die Inflation auf absehbare Zeit wieder auf zwei Prozent bringen wollen, müssen wir restriktiv vorgehen.“ Dabei könnte es aus seiner Sicht noch dauern, bis der Prozess der Zinserhöhungen abgeschlossen ist. „Meine Hoffnung ist, dass wir innerhalb der nächsten zwölf Monate den Zinshöhepunkt erreicht haben.“
Holzmann stellt zudem einen schnelleren Bilanzabbau der EZB zur Debatte. Seit Anfang März lässt die Notenbank Anleihen aus ihrem Bestand im Umfang von monatlich 15 Milliarden Euro auslaufen. Diese Regelung ist zunächst bis Ende Juni befristet. Der österreichische Notenbankchef sieht die Möglichkeit, den Anleihebestand aus dem Pandemie-Kaufprogramm PEPP früher zu reduzieren. Bisher hat sich die EZB darauf festgelegt, diesen bis Ende 2024 stabil zu halten. „Wir haben eine sehr große Bilanzsumme. Und um diese auf einen vernünftigen Wert abzuschmelzen, müssen wir wahrscheinlich etwas aggressiver sein.“