132 Milliarden USD Kapitalabflüsse in 2022. IW: „Die Zahlen sind als Warnsignal zu verstehen, dass der Standort an Attraktivität verliert: Hohe Energiepreise setzen Deutschland zu“.
Trotz der jüngsten Ansiedlungen Intels oder Wolfspeed meiden immer mehr Investoren den Standort Deutschland. 2022 flossen 132 Milliarden US-Dollar mehr Direktinvestitionen ab, als in Deutschland investiert wurden. Unter 46 Staaten war das der stärkste Abfluss. Das geht aus einer Studie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hervor, die dem Handelsblatt vorliegt.
Nachdem sich der Nettoabfluss an Kapital aus Deutschland zwischen 2014 und 2018 abgeschwächt hatte, nimmt er seit 2019 laut IW wieder stark zu. Besonders dramatisch eingebrochen sind die Direktinvestitionen aus anderen europäischen Ländern, sie sanken im Vorjahr von 79 Milliarden auf nur noch 13 Milliarden Euro. „Die Zahlen sind als Warnsignal zu verstehen, dass der Standort an Attraktivität verliert: Demografie oder hohe Energiepreise setzen Deutschland zu“, sagt IW-Ökonom Christian Rusche. „Viele Probleme sind aber hausgemacht.“ Hohe Unternehmensteuern, bleierne Bürokratie und eine marode Infrastruktur hätten Deutschland immer unattraktiver gemacht.
Laut einer Umfrage der Managementberatung Horváth unter deutschen Industriefirmen droht die Investitionsflucht sich fortzusetzen: Fast jedes dritte Unternehmen will in den nächsten fünf Jahren insbesondere aufgrund hoher Personalkosten Personalbestand in West- und Südeuropa abbauen, und in Indien, Nordamerika und China aufbauen.
Ob der Abfluss von Direktinvestitionen aus Deutschland von Dauer sein wird, sei jedoch noch nicht ausgemacht, sagt Torsten Schmidt, Konjunkturchef am RWI-Institut für Wirtschaftsforschung Essen. Gerade die Zuflüsse bei den Investitionen folgen häufig mehrjährigen Zyklen – nach dem Abfall gehen sie regelmäßig wieder rauf. Schmidt macht aber auch klar: Die Zuflüsse waren zuletzt schon „auffällig schwach“.