Deutscher Whistleblower erhebt schwere Vorwürfe gegen Flugzeugkonzern Boeing. Mängel in der Produktion des 787 Dreamliner wurden über Jahre nicht abgestellt. Konzern dementiert: "Boeing behandelt alle Vorwürfe mit größter Ernsthaftigkeit und Rigorosität".
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Ein deutschstämmiger Boeing-Ingenieur beklagt Sicherheitsmängel an Maschinen des US-amerikanischen Flugzeugbauers. Wie der SPIEGEL berichtet, wirft Ingenieur Martin Bickeböller seinem Arbeitgeber vor, Mängel in der Produktion des 787 Dreamliner über Jahre nicht abgestellt zu haben. Der Schritt, über seinen Anwalt an die Öffentlichkeit zu gehen, geschieht, nachdem Bickeböller über viele Jahre intern und gegenüber der US-Aufsichtsbehörde FAA Beschwerden erhoben hatte.
»Boeing verfolgt eine klare Strategie, meinen Mandanten ruhigzustellen«, sagte Bickeböllers Anwalt Elmar Giemulla dem SPIEGEL. Er beklagt, dass sein Mandant schikaniert worden sei. Der Berliner Luftverkehrsrechts-Professor sagte, Boeing habe »ein strukturelles Problem« mit der Sicherheitskultur. Unter anderem sollen Zehntausende Teile in der Frontsektion der Boeing 787 ohne Nachweis verbaut worden sein, dass sie auch den Eigenschaften in der Zulassung entsprechen. Die FAA hatte die Erkenntnisse Bickeböllers mehrfach bestätigt, Boeing versprach, sie abzustellen. Doch dies sei, so Bickeböller in einem Hinweis an die FAA vom Januar 2024, nicht geschehen.
Luftfahrtexperten halten die Vorwürfe für bedeutsam. »Damit ein Flugzeug als lufttüchtig gilt, muss der Nachweis vollständig erbracht sein, dass es der Beschreibung in der Musterzulassung entspricht«, sagte Gerhard Hüttig, langjähriger Professor für Luftfahrttechnik an der Technischen Universität Berlin dem SPIEGEL.
Über seinen Anwalt beschreibt Bickeböller im SPIEGEL, wie sei Arbeitgeber seine Karriere zerstört habe. Unter anderem sei ihm 2020 das Verfassen einer Masterarbeit, die ursprünglich genehmigt worden war, untersagt worden. Zuvor hatte er dem neuen Boeing-Chef David Calhoun eine E-Mail mit den Vorwürfen geschickt.
Der Flugzeugbauer weist die Vorwürfe auf Nachfrage zurück: »Boeing behandelt alle Vorwürfe mit größter Ernsthaftigkeit und Rigorosität«, erklärte ein Sprecher. »Allerdings stammen viele Vorwürfe von Herrn Bickeböller aus der Vergangenheit, sie wurden sorgfältig untersucht und unter Aufsicht der FAA auch adressiert.« Boeing habe beim Konfigurationsmanagement des 787-Programms korrigierende Maßnahmen ergriffen. Boeing widerspricht, dass man Bickeböller schikaniert habe. »Keine Vergeltung wurde gegen den Angestellten ausgeübt«, sagt ein Sprecher. »Diese Praxis ist strikt verboten«. Wer gegen sie verstoße, müsse mit Sanktionen rechnen. »Die Firma macht ihre Mitarbeiter auf ihre rechtlichen Schutz als Whistleblower aufmerksam.«
Die neuerlichen Vorwürfe wiegen schwer, weil Boeing nach dem Absturz von zwei 737 Max bereits eine Reihe von Problemen an seinen Flugzeugen einräumen musste. Wie am Montag bekannt wurde, sollen Sicherheitstests an der 787 nicht gemacht, aber in den Prüfungsunterlagen vermerkt worden sein.