Sarrazin nennt Gründe für seinen Rückzug bei der Bundesbank . “Wäre ich stur geblieben, hätte ich den Bundespräsidenten beschädigt“ - “Die Zustimmung (vieler Bürger) hat die politische Klasse in Ratlosigkeit gestürzt“.
Berlin. Der Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin (65) hat seine
Beweggründe geschildert, Ende des Monats aus der Notenbank auszuscheiden.
In einem Interview mit der BILD-Zeitung (Mittwochausgabe) sagte
er: “Wäre ich stur geblieben, hätte das den Bundespräsidenten
- weil er sich so weit vorgewagt hatte -, und das Staatsamt beschädigt.
Das wollte ich nicht.“ Er sei Staatsbürger und jahrzehntelang
Staatsdiener gewesen und habe “niemanden in eine ausweglose Situation
treiben“ wollen. Der ehemalige Finanzsenator weiter: “Ich habe
mich schlicht meiner Haut gewehrt und wollte meine Ehre retten.
Das habe ich durchgesetzt.“
Sarrazin legte dar, wie angreifbar seine Abberufung durch Bundespräsident
Christian Wulff gewesen wäre: “Wenn ich sage: Die überwiegende
Rechtsmeinung hätte eine Abberufung als rechtswidrig eingestuft,
dann ist das eher eine Untertreibung.“ Sein Telefon habe “vor
lauter Verfassungsrechtlern“ nicht stillgestanden.
Das SPD-Mitglied Sarrazin widersprach Vorwürfen aus seiner Partei,
die Aufstiegschancen der Menschen von deren Herkunft oder Genen
abhängig zu machen: “Das tue ich nicht.“ Fakt seien jedoch ein
wachsender Anteil von Kindern aus bildungsfernen Schichten, deren
Schulprobleme und die Auswirkungen auf die Gesellschaft. All
dem könne sich die SPD “nicht im Ernst entziehen“. “Aber - ganz
deutlich,“ so Sarrazin weiter, “natürlich kann sich ein Individuum
so oder anders entwickeln!“ Auch sei er dafür, dass jeder in
Deutschland “so gefördert werden sollte, dass er sich entfalten
kann“ und “möglichst zu einem nützlichen Mitglied der Gesellschaft“
werde.
Die Diskrepanz zwischen seiner Beliebtheit in der Bevölkerung
und der massiven Kritik aus der Politik erklärte er mit dem “üblichen
Rosenkranz“, den die Politik heruntergebetet hätte: “Der funktioniert
so: Ein vermeintlich unbotmäßiger Satz über Migranten fällt und
prompt werden Begriffe wie ‚beleidigend‘, ‚rassistisch‘, ‚diskriminierend‘
und ‚menschenverachtend‘ heruntergebetet. Das beherrscht jeder
Politiker. Normalerweise ist der Betroffene danach politisch
tot. Nur: Ich war nicht tot.“ Die Zustimmung vieler Bürger habe
die politische Klasse in “vollständige Ratlosigkeit gestürzt“,
die sich jetzt “in ungeheurer Aggression“ äußere.