ESM-Chef: Minus-Zins bedroht Stammkapital des Rettungsfonds
Dem Euro-Rettungsfonds ESM drohen durch seine konservative Anlagepolitik Verluste. Das Stammkapital des Fonds in Höhe von 80,5 Milliarden Euro, das die Mitgliedstaaten eingezahlt haben, könnte in den kommenden Jahren um fast eine Milliarde Euro schmelzen. Davor hat ESM-Chef Klaus Regling in einem Schreiben an die Bundesregierung gewarnt. Angesichts der Niedrigzinsen befürchtet Regling im Extremfall eine negative Verzinsung von minus 1,2 Prozent, die bis 2020 zu Verlusten von bis zu 950 Millionen Euro führen könnte.
Das Stammkapital wird nicht an Staaten verliehen, die Hilfe beim ESM beantragen, sondern dient Investoren, die Anleihen des Fonds kaufen, als Sicherheit. Bislang bunkert der ESM einen beträchtlichen Teil der Gelder bei der Bundesbank und der Banque de France. Damit genießt der Euro-Rettungsfonds zwar höchste Bonität bei den Ratingagenturen, muss jedoch einen neg ativen Einlagezins von minus 0,4 Prozent zahlen. Der bescherte allein der Bundesbank 2017 Einnahmen von fast 129 Millionen Euro.
Um diese Verluste künftig zu vermeiden, will Regling die Anlagerichtlinien lockern. Unter anderem fordert er, dass der ESM einen Teil des eingezahlten Stammkapitals in besser verzinste Unternehmensanleihen anlegen darf. Die Pläne des ESM-Chefs sind in der Berliner Regierung jedoch umstritten. Während die Union Reglings Ansinnen teilt, fürchtet Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) eine schlechtere Bonität des Rettungsfonds und lehnt den Ankauf von risikoreicheren Unternehmensanleihen ab. Ohne Zustimmung der Bundesregierung können die Anlagerichtlinien jedoch nicht geändert werden. Damit drohen dem ESM weitere Verluste auf das Stammkapital. Diese müssten von den Mitgliedstaaten ausgeglichen werden.