Fast jeden Tag finden sich Meldungen über den Handelskonflikt in den Nachrichten. Besonders brisant sind mögliche Autozölle. Doch wie schlimm wären diese?
Von Sven Weisenhaus
Man hat derzeit das Gefühl, dass es nur noch drei Themen gibt: Das Hauptthema ist aktuell natürlich noch die Fußball-WM. Wobei nach dem WM-Aus der deutschen Nationalmannschaft natürlich das Interesse hierzulande vielfach nachgelassen hat. Dafür beherrscht der Streit zwischen CDU und CSU umso mehr die Gazetten. Und als drittes wäre da natürlich noch der Handelsstreit mit den USA.
Hierzu hat die EU inzwischen vorgerechnet, dass die USA bei einer Einführung von Autozöllen mit Gegenmaßnahmen im Wert von 294 Milliarden Dollar rechnen müssten. Zur Einordnung: Als Vergeltung für Trumps Zölle auf Aluminium und Stahl hat die EU Gegenzölle auf Produkte im Wert von „nur“ 2,8 Milliarden Dollar beschlossen.
Die Chroniken des Handelsstreits
Wissen Sie eigentlich noch, wer im Rahmen des aktuellen Konflikts welche Zölle tatsächlich gegen wen erhebt und welche Zölle gegen wen bislang lediglich angedroht wurden? Ich bekomme die Meldungen kaum noch zusammen. Aber die DekaBank hat erst gestern eine gute Übersicht dazu veröffentlicht:
(Quelle: DekaBank)
Und mein Kollege Torsten Ewert hat sich in der aktuellen Monatsausgabe des Börsenbriefs „Stockstreet Investment Strategie“ einmal sehr detailliert angesehen, ob des Deutschen liebstes Kind, die Automobilbranche, durch US-Zölle in Gefahr geraten würde. Einige weitere Zahlen dazu hatte ich zuvor auch schon in der Börse-Intern vom 23. Mai genannt (siehe „Welche Wirkung hat der Handelskonflikt auf die Kurse?“).
Wie schlimm wären US-Autozölle für die Wirtschaft?
Daher nur noch so viel dazu hier an dieser Stelle: Der Anteil der deutschen Autoexporte in die USA beträgt am Bruttoinlandsprodukt nur etwa 0,6 %. Und laut dem ifo-Institut fallen für Deutschland als unmittelbare Exportkosten für die Zölle auf Stahl- und Aluminium gerade einmal 40 Millionen Euro und für die möglichen Automobilzölle immerhin 5 Milliarden Euro an. In Summe sind das aber gerade einmal 0,16 % des deutschen Bruttoinlandsprodukts.
Etwas schlechter könnte es der Weltwirtschaft ergehen. Aber auch hier sind die Auswirkungen keineswegs dramatisch. Eine wichtige Information dazu lieferte kürzlich die DWS, die Fondstochter der Deutschen Bank: Danach sind Handelskonflikte historisch betrachtet vorübergehender Natur, werden bilateral ausgetragen und kosteten in der Regel nur rund 0,25 % des globalen Bruttoinlandsprodukts. Selbst ein Handelskrieg, der multilateral von mehreren Ländern geführt wird, würde lediglich mit 1,25 bis 1,50 % des Bruttoinlandsprodukts zu Buche schlagen.
Aktienmärkte nehmen es relativ gelassen
Blickt man auf die Nachrichten, dann könnte man meinen, die Weltwirtschaft stünde wegen des Handelsstreits kurz vor dem Abgrund. Schaut man aber auf die Aktienkurse, sieht man, dass diese schon seit Monaten lediglich seitwärts tendieren - in den USA, dem Haupttreiber des Handelskonflikts, sogar unter tendenziell abnehmender Volatilität. Die Märkte reagieren also wesentlich entspannter als die so typisch panikartigen Berichte der Medien.
Schon in der Börse-Intern vom 23. Mai hatte ich geschrieben: „Lassen Sie sich von den täglichen Nachrichten nicht aus der Ruhe bringen! Denn solche Meldungen ändern an den laufenden Trends der Märkte nichts. Blenden Sie die Zwischenmeldungen daher nach Möglichkeit aus und konzentrieren Sie sich nur auf Ereignisse, die auch wirklich nachhaltigen Einfluss auf die Börsen haben.“
Welche Ereignisse haben welchen Einfluss auf die Börsen?
Der Verlauf der Fußball-WM hat sicherlich kaum Einfluss auf die Börsen. Der Streit zwischen CSU und CDU (und bald vermutlich auch SPD) wirkt sich auch, wenn überhaupt, nur minimal auf das Handelsgeschehen aus. Und selbst der Handelskonflikt lastet neben der Geldpolitik zwar anhaltend, aber nur moderat auf den Kursen.
Und so bleibt es selbst nach allen in der Zwischenzeit erhaltenen Informationen - und selbst nach all den Schreckensmeldungen und Horrorszenarien, die uns tagtäglich über die Medien zugetragen werden - bei der schon vor Monaten erstmals hier geäußerten Erwartung, dass die Aktienmärkte auf hohem Niveau wohl einfach (noch) eine Weile seitwärts konsolidieren.
Für Trader gilt es daher derzeit, diese Seitwärtsbewegungen durch aktives Trading gewinnbringend zu nutzen - also am oberen Ende der Range zu verkaufen oder auf fallende Kurse zu setzen und am unteren Ende zu kaufen und damit von steigenden Kursen zu profitieren.
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