Ein paar Meldungen der letzten Tage machen deutlich, dass wir uns auf einem Narrenschiff befinden, das mit Volldampf aufs Riff zusteuert.
DK | Die Forderungen der Bundesbank an das Eurosystem haben einen Rekordwert von 976,3 Milliarden Euro erreicht. Vereinfacht gesagt, bedeutet dieser Target-Saldo, dass europäische Südländer Party machen und bei der Europäischen Zentralbank (EZB) anschreiben lassen, Italien zum Beispiel 488,9 Milliarden Euro. Im Gegenzug entsteht eine Forderung der Bundesbank für aus Deutschland an Italien erfolgte Lieferungen. Das Geld wird die Bundesbank nie wiedersehen. Und was sagt die Bundesregierung dazu: „Die Summe aller Target-Salden ist Null.“ Man kann nur den Kopf schütteln. Offenbar werden wir von Nullen regiert.
Ashoka Mody hat früher beim Internationalen Währungsfonds (IWF) an der Rettung von finanziell zusammenbrechenden Staaten mitgearbeitet. Er sagt (in der NZZ) zu Italien: „Es gibt eine nicht zu vernachlässigende Wahrscheinlichkeit, dass die Lage noch in diesem Jahr eskalieren wird.“ Italien werde den Euro-Raum überfordern, weil es für eine Rettung zu groß sei. Der Bundesregierung fällt in Antworten auf Parlamentsanfragen nichts anderes als die Antwort ein, sie beteilige sich nicht an Spekulationen.
„Deutschland bröckelt“ schrieb die Neue Zürcher Zeitung in einer Analyse zur Infrastruktur, über die Politiker gerne reden, für die sie aber nichts tun. Um es in Zahlen darzulegen: Der Anteil der staatlichen Investitionen in Deutschland ist in den letzten 20 Jahren nach einer Studie es IFO-Instituts von 2,5 auf 2,1 Prozent gesunken (Schweiz 3,1 Prozent – Hälfte mehr als Deutschland).
Roland Tichy schreibt in seinem bemerkenswerten Beitrag „Deutschland im warmen Licht der Abendsonne“, dass die Industrie kaum noch neu investiert. Nach Abzug der Erhaltungsinvestitionen wurden im letzten Jahr noch 40 Milliarden Euro in dem Land, in dem wir so gut und gerne leben, investiert. Das ist so gut wie nichts. Tichy sieht uns im Wandel zu einer „prekären Dienstleistungsgesellschaft“ nahe am Mindestlohn – das erinnert an Dritte-Welt-Länder.
Dramatisch ist auch, wie ausländische Konzerne sich die Filetstücke aus der deutschen Wirtschaft holen: Der jüngste Fall ist ThyssenKrupp. Der Traditionskonzern dürfte aufgrund des Drucks von amerikanischen Heuschrecken-Investoren zerschlagen werden. Das Ruhrgebiet wird bald industriefrei sein. Der Münchener Industriegase Konzern Linde wird von Praxair (USA) übernommen und der Sitz in die Niederlande verlagert. Danach wird die Verlagerung der Produktion erfolgen.
Monsanto wurde nicht von Bayer übernommen, sondern es war in Wirklichkeit umgekehrt. Aufkäufer lassen immer die Gekauften den Kaufpreis bezahlen. Auch Bayer wird zunehmend Produktion und Forschung ins Ausland verlagern. Opel wird von den neuen französischen Eignern zerlegt. Wie nach dem Krieg nehmen sie mit, was sie brauchen können. Und hier jubeln Politiker, wenn auf dem ehemaligen Opel-Gelände in Bochum eine Verteilstation von DHL gebaut wird. Ingenieure arbeiten dort nicht, Facharbeiter auch nicht. Das sind Jobs für Analphabeten oder Leute mit NRW-Abitur.
Ging vor 20 Jahren noch ein Drittel des Bundeshaushalts für Soziales drauf, so ist das jetzt die Hälfte. Trotz der höchsten Steuereinnahmen der Geschichte fehlen Städten und Gemeinden 159 Milliarden Euro.
Die Kosten für Strom sind in Deutschland so hoch wie nirgendwo sonst. Auch deshalb verlagert die Industrie ins Ausland. Jeder rennt mit einem Handy rum, telefonieren geht aber oft nicht. WLAN ist in vielen afrikanischen Entwicklungsländern besser.
Seit dem 18. Juli, dem Steuerzahler-Gedenktag, arbeiten die Deutschen wieder für sich, nachdem sie bis dahin von der Berliner Räuberbande gnadenlos ausgepresst wurden. „Wer in Deutschland arbeitet, wird von seinem Staat ausgenommen“, schreibt das Portal Science Files. Von jedem Euro, den man hierzulande verdient, greift der Staat 54,3 Cent ab.
Dafür gibt es keine Termine beim Facharzt, schlechte Straßen, ausfallende Züge, kaputte Schulen und innere Unsicherheit. 1,5 Millionen überwiegend junge Männer ziehen (manchmal bereits marodierend) durch ein Land, dessen Grenzen niemand mehr schützt. Aber was will man von Politikern erwarten, die nicht einmal einen Flughafenbau beaufsichtigen können? Dass sie ein ganzes Land regieren können?
Der Philosoph Julian Nida-Rümelin erklärte zur erbitterten Auseinandersetzung zwischen Kanzlerin Angela Merkel und ihrem Innenminister Horst Seehofer um die Flüchtlingspolitik: „Sie zeigt, dass ein Austausch des Spitzenpersonals überfällig ist… Die Uneinsichtigkeit der Kanzlerin verbaut ebenso eine konstruktive Politik wie die Attitüde der beleidigten Leberwurst aus Bayern.“
Der Mann hat Recht.