Türkei: Währung, Börse, Bonds crashen. Euro-Lira Absturz. Was als Feuer am Bosporus begann, könnte bald zum flächendeckenden Finanzbrand werden. Denn: die Türkei ist mit Hunderten Miliarden im Ausland verschuldet, die schon jetzt nicht mehr bedient werden können.
Von Sven Weisenhaus
Die Türkei taumelt. Zusätzlich gießt Trump Öl ins Feuer mit Zollandrohungen. So teilte der US-Präsident auf Twitter mit, er habe eine Verdoppelung der Zölle auf Stahl und Aluminium hinsichtlich der Türkei bewilligt.
Und das heizte die Krise um den sowieso schon anhaltenden Verfall der türkischen Lira an, die prompt ihren Wertverlust verschärfte und alleine am Freitag rund 20% zum US-Dollar an Wert verlor. Im gestrigen Hoch mussten fast 7 Lira für einen Dollar bezahlt werden. Ein historischer Crash. Beim Euro-Lira Verhältnis sieht es kaum besser aus, denn für die meisten Türken ist die Referenzwährung zur Lira der Euro. Der jedoch kommt mehr und mehr in Sippenhaft. Beim Euro ist ebenfalls ein Absturz programmiert.
Lira / Dollar: Absturz
Dieser Ausverkauf der türkischen Lira entwickelt sich inzwischen zur Bedrohung auch für das europäische Finanzsystem. Denn wenn die Türkei selbst oder türkische Unternehmen ihre ausländischen Schulden wegen des Wertverfalls der eigenen Währung nicht mehr bedienen können, droht ein Zahlungsausfall.
Türkei bringt europäische Bankenwerte in Nöten
Einem Bericht der „Financial Times“ zufolge schauen sich die EZB-Bankenaufseher deswegen bereits sämtliche Türkei-Verbindungen europäischer Geldhäuser näher an.
Laut einer aktuellen Aufstellung der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) haben Banken in der Türkei derzeit Kredite in Höhe von 148 Milliarden Dollar und von 110 Milliarden Euro vergeben - der Großteil davon kommt aus dem Ausland.
Das höchste Risiko tragen den BIZ-Daten zufolge derzeit die spanischen Großbanken, die Kredite über rund 83 Milliarden Dollar vergeben haben - aus Frankreich und Italien kommen 38 Milliarden Dollar beziehungsweise 17 Milliarden Dollar.
Die deutschen Banken hatten in der Türkei laut der Bundesbank im Juni 20,77 Milliarden Euro Gesamtforderungen. Ein Großteil sei aber durch Kreditversicherungen geschützt. Und zum Vergleich: Gegenüber Griechenland sind es 19,17 Milliarden Euro.
Insgesamt haben die deutschen Geldhäuser im Ausland Forderungen von rund 1,85 Billionen Euro.
Deshalb gerieten am Freitag auch deutsche Bankenwerte unter Druck. Die Aktien der Deutschen Bank gaben zum Beispiel um rund 5 % nach. Und das zog natürlich auch den DAX nach unten. Da aber insbesondere Banken aus Spanien und Italien betroffen wären, belastet diese Entwicklung auch den Euro.
EUR/USD: Eine zweite Abwärtswelle war zu erwarten
Als ich das letzte Mal am 6. Juni den EUR/USD aus fundamentaler und charttechnischer Sicht analysiert habe, ging ich davon aus, dass der Wechselkurs in Reichweite der 1,15er Marke konsolidiert. Genau das hat er seitdem in Form des abfallenden Dreiecks getan.
Mit dem heutigen Ausbruch könnte nun eine zweite Abwärtswelle angerollt sein. Das Türkei-Problem könnte den Stein dabei nur ins Rollen gebracht haben. Denn die wirtschaftlichen und geldpolitischen Entwicklungen in der Eurozone und den USA sprachen ohnehin für weitere Kursverluste.
Der Devisenmarkt ist dafür bekannt, dass Trends hier lange anhalten. Mit dem bearishen Ausbruch aus der zwischenzeitlichen Konsolidierung in Form eines absteigenden Dreiecks dürfte sich daher der vorangegangene Abwärtstrend beim EUR/USD noch eine Weile fortsetzen (siehe Rechtecke im Chart oben), sofern sich der Ausbruch nicht noch als Fehlsignal entpuppt. Ein Short-Trade könnte sich also anbieten mit einem Stopp knapp oberhalb des Ausbruchsniveaus.
Zuvor war der EUR/USD schon einmal aus einem abfallenden Dreieck idealtypisch nach unten ausgebrochen (siehe roter Pfeil Nr. 1 im folgenden Chart). Es folgte eine dynamische Abwärtsbewegung (oberes rotes Rechteck).
Anschließend bildete der Wechselkurs erneut über Wochen eine solche bearishe Formation (untere rote und grüne Linie). Und auch dieses Mal folgte der Ausbruch idealtypisch nach unten (roter Pfeil Nr. 2).
Kommt es nun zu einer ähnlich dynamischen Abwärtsbewegung, könnte diese bis in den Bereich von 1,09 bis 1,08 USD laufen (unteres rotes Rechteck). Und da mit einem schwächeren Euro heimische Waren in anderen Währungsgebieten (wie dem Dollar) billiger werden, könnte eine solche Wechselkursbewegung den Export beflügeln.