Knapp 30 Mrd. Euro an Marktkapitalisierung sind verpufft, seit ein Geschworenengericht in den USA die Bayer-Tochter Monsanto im August im ersten Glyphosat-Prozess zur Schadenersatzzahlung von 289 Mill. Dollar verdonnert hat.
Börsen-Zeitung: "Wertvernichtung", Kommentar zu Bayer von Annette Becker
Allein am Dienstag gab der Dax-Wert erneut um mehr als 10 Prozent nach, obwohl das Gericht die Strafzahlung um mehr als 200 Mill. Dollar verringerte. Denn die schlechte Nachricht aus San Francisco lautet: Das Urteil im ersten Glyphosat-Prozess, in dem es um den Kausalzusammenhang zwischen dem Unkrautvernichter Glyphosat und Krebserkrankungen bei Anwendern des Herbizids geht, hat im Kern Bestand.
Die jüngste Entscheidung des Gerichts ist auch deswegen aufsehenerregend, weil dieselbe Richterin vor nicht einmal zwei Wochen eine völlig andere Bewertung in der Causa abgegeben hatte. Vor der Anhörung der Parteien hatte sie signalisiert, den Strafschadenersatz aufzuheben und den Prozess vielleicht sogar neu aufzurollen.
Davon ist jetzt keine Rede mehr. Vielmehr wurde die Strafzahlung von 250 Mill. Dollar, die Monsanto respektive Bayer zusätzlich zur Entschädigung von 39 Mill. Dollar aufgebrummt bekam, nur als in der Höhe nicht gerechtfertigt kassiert. Die Argumentationslinie von Bayer, nach der soundsoviele Studien die Unbedenklichkeit von Glyphosat bei sachgerechter Anwendung bescheinigen, hat bei Gericht offensichtlich nicht überzeugt.
Natürlich ist damit noch kein Nachweis erbracht, dass Glyphosat tatsächlich Krebs verursachen kann. Auch ist das letzte Wort in dem Prozess noch nicht gesprochen, hat Bayer doch sogleich Berufung gegen die Entscheidung angekündigt. Zudem ist das Urteil kein Präjudiz für weitere Verfahren. Dennoch verschlägt einem allein die Anzahl der Klagen den Atem: Ende August sprach Bayer von 8700 anhängigen Klagen. Denn multipliziert mit der auf 78,6 Mill. Dollar verringerten Schadenersatzsumme ergeben sich 680 Mrd. Dollar. Das ist fast zehnmal so viel, wie Bayer jetzt noch auf die Waage bringt.
Und noch ein Zahlenvergleich, der aufhorchen lässt: Für Monsanto zahlte Bayer im Sommer umgerechnet 55 Mrd. Euro (inklusive Schulden), an der Börse bringen die Leverkusener dagegen nur noch gut 63 Mrd. Euro auf die Waage, obwohl Bayer das Eigenkapital zur Finanzierung der Übernahme um 9 Mrd. Euro aufstockte. Die Wertvernichtung ist beispiellos. Eigentlich wollte Bayer mit der Monsanto-Übernahme in puncto Wertschaffung alles bisher da gewesene in den Schatten stellen.