Der Vorsitzende und Fraktionschef der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber (CSU), sieht in der Wahl Donald Trumps eine "transatlantische Zeitenwende". "Für die EU bedeutet diese Wahl einen historischen Einschnitt", sagte Weber den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. "Europa muss souverän und selbstständig seine Interessen wahren, ohne die transatlantische Kooperation zu vernachlässigen. Wir müssen in der Lage sein, unsere eigene Rolle in der Welt einzunehmen."
Dafür stehe der Aufbau einer europäischen Verteidigungsunion und ein starker europäischer Pfeiler der Nato jetzt im Mittelpunkt.
Mit Blick auf den EU-Gipfel am Freitag in Budapest forderte Weber ein klares Signal des Aufeinanderzugehens. "In der Welt von heute und morgen braucht es ein enges Miteinander der demokratischen Staaten dies- und jenseits des Atlantiks. Wir werden nur gemeinsam Frieden und Wohlstand sichern und unsere Werte verteidigen können. Die EU und die USA vertreten jeweils über 20 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung. Dies gibt uns global großen Einfluss. Deshalb sollte der EU-Gipfel am Freitag ein klares Signal zur Partnerschaft angeben", sagte Weber.
Der sicherheitspolitische Sprecher der CSU im Bundestag, Thomas Erndl, schlug einen Bogen zur aktuellen Koalitionskrise: "Trump 2.0 ist ein Fakt, der massive Folgen für Deutschland und Europa hat. Statt Ampel-Zirkus brauchen wir schnell eine handlungsfähige Bundesregierung, die jetzt die notwendigen Schritte für einen Neustart in der Wirtschaft und europäischer Verteidigung auf den Weg bringt. Beides ist eng mit den USA verknüpft." Erndl gab sich überzeugt, dass ein möglicher Kanzler Friedrich Merz "einem Präsidenten Trump auf Augenhöhe begegnen kann".
Grünen-Chef Omid Nouripour sieht Deutschland unterdessen besser auf Donald Trumps Wahlsieg vorbereitet als 2016. "Wir haben deutlich mehr Gesprächskanäle in das Trump-Lager und haben in Europa sehr viel mehr getan, um uns vorzubereiten - in den Bereichen Sicherheit, Rohstoffsicherung, Digitalisierung oder Technologie", sagte er dem Nachrichtenportal T-Online. Angesichts der großen Abhängigkeiten zwischen den USA und Europa werde sich nun zeigen, ob die Maßnahmen ausreichend waren.
Er mahnte aber auch: "Ich glaube, dass wir noch deutlich mehr tun müssen, vor allem auf europäischer Ebene." Man brauche nun mehr Sicherheitsinvestitionen und europäische Zusammenarbeit. "Die Zeiten sind sehr ernst, das sehen wir alle."
Nun werde man alles dafür tun müssen, um die Hilfe für die Ukraine aufrechtzuerhalten und noch auszubauen. "Wir dürfen aber auch nicht die Illusion schüren, als könnten wir den Ausfall amerikanischer Hilfen kompensieren. Das können Deutschland und auch ganz Europa nicht", forderte der scheidende Parteichef.
Foto: Zuschauer auf Republikaner-Wahlparty am 06.11.2024, über dts Nachrichtenagentur