Hemmungslose Selbstbedienung in Brüssel: Tausende EU-Beamte verdienen mehr als Merkel. Hinzu kommt noch ein besonderer Steuervorteil: Die EU-Bonzen zahlen - anders als ihre Untertanen - nur einen maximalen Steuersatz von 25%.
Tausende EU-Beamte verdienen nach Recherchen der „Welt am Sonntag“ mehr als ein typischer europäischer Regierungschef – wegen hoher Gehälter und vorteilhafter EU-Steuersätze. Mit Grundgehalt und steuerfreien Zulagen kann in der 13. von 16 Besoldungsgruppen der EU-Verwaltung erstmals der Sprung auf das Niveau von Bundeskanzlerin Angela Merkel gelingen: 16.358,80 Euro brutto im Monat verdient ein Beamter (verheiratet, ein Kind) dann etwa als Referatsleiter oder Leitender Rechtsrat nach acht Dienstjahren.
Das geht aus einer detaillierten Berechnung der Europaabgeordneten Inge Gräßle (CDU) hervor, die der „Welt am Sonntag“ vorliegt. Ein Referatsleiter in der EU-Verwaltung trägt Verantwortung für einige Dutzend Mitarbeiter. In Gehaltsstufe 13 (ohne Berücksichtigung des Dienstalters) oder höher waren Mitte vergangenen Jahres nach EU-Angaben 4365 Beamte eingruppiert. In den höheren Gehaltsstufen 14, die etwa einem Direktor mit nach Angaben der EU-Kommission im Durchschnitt 100 Untergebenen zusteht, 15 und 16 waren insgesamt 1760 Beamte eingruppiert.
Gräßle, Mitglied des Haushaltskontrollausschusses des EU-Parlaments, hat die Brutto- und Nettogehälter von EU-Beamten für jede der 16 Besoldungsgruppe und jede der je fünf Dienstaltersstufen (drei bei Besoldungsgruppe 16) berechnet. Nach jeweils zwei Jahren rückt ein Beamter automatisch in die nächste Altersstufe auf. Ein Generaldirektor in der höchsten Besoldungsstufe, davon gibt es 79, schlägt im Gehaltsvergleich demnach selbst ein deutsches Staatsoberhaupt: Nach vier Jahren im Amt verdient ein kinderloser Single 21.310,17 Euro brutto im Monat, Zulagen inklusive. Während er dafür nach Gräßles Berechnungen an die EU nur 25 Prozent Steuern zahlt, müsste er in Deutschland etwa 39 Prozent abgeben.
Die EU begnügt sich mit Sozialabgaben von 13,3 Prozent des Grundgehalts, moderaten Steuersätzen und milder Progression. Ein Referatsleiter mit einem Bruttogehalt, das den Bezügen der Bundeskanzlerin vergleichbar ist, bekommt nach Gräßles Tabelle netto 11.863,56 Euro. Würde er in Baden-Württemberg versteuern, käme er auf rund 2000 Euro weniger im Monat. Und wollte er in Deutschland auf dasselbe Nettogehalt wie als EU-Beamter kommen, müsste er fast 21.000 Euro verdienen.
Der Bund der Steuerzahler kritisierte die hohe Vergütung: „Der Beamtendienst der EU ist der bestbezahlte in Europa. Selbst gegenüber der deutschen Beamtenschaft leben EU-Beamte in einem Schlaraffenland“, sagte Rainer Holznagel, Präsident des deutschen Bundes der Steuerzahler, der „Welt am Sonntag“. Er verwies auf „die unzähligen und teils üppigen Privilegien“ und forderte: „Sowohl die Bezahlung, die steuerliche Behandlung als auch die generösen Pensionsregelungen müssen dringend reformiert werden.“