Der krisengeplagte Reisekonzern TUI plant im Zuge einer Neuausrichtung den Verkauf von Unternehmensteilen. "Wir werden uns von Vermögenswerten trennen oder Partner an Bord holen", sagte der Vorstandsvorsitzende Fritz Joussen der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Dienstagsausgabe). Als mögliches Feld für solche Aktionen gilt die Hotelsparte, in der TUI derzeit viele Häuser auf der eigenen Bilanz hat.
"Es sind unsere Marken, wir setzen und kontrollieren die Standards in Bezug auf die Qualität, Lage und Service", sagte Joussen. "Dazu müssen wir die Hotels nur in Ausnahmefällen besitzen." Die Kreuzfahrtreederei Hapag-Lloyd, die TUI derzeit komplett gehört, soll wie geplant demnächst unter das Dach des Gemeinschaftsunternehmens TUI Cruises wechseln. Dessen Anteile teilt sich der Konzern mit der Reederei Royal Caribbean Cruises. Um die Coronakrise überbrücken zu können, hatte der Konzern im April einen Hilfskredit der staatlichen KfW-Bank von 1,8 Milliarden Euro bekommen.
Gegenüber der FAZ bestätigt Joussen, dass das unter Umständen nicht reicht. "Wir arbeiten natürlich mit mehreren Szenarien und tun gut daran, in diesen Szenarien auch über weitere Finanzquellen nachzudenken", sagt er. TUI habe die Kosten um 70 Prozent gesenkt, außerdem seien die Reisewarnungen für viele Länder gefallen.
"Aber kein Mensch weiß, wie es mit dem Virus weitergeht, wann es Medizin und Impfstoffe gibt." Zuletzt war bekannt geworden, dass TUI im Mai offenbar Gespräche mit dem Bund über weitere 1,2 Milliarden Euro an Hilfen geführt hatte. Zu konkreten Verhandlungen äußert sich Joussen nicht. Der geplante Abbau von 8.000 Arbeitsplätzen im Konzern soll nach seinen Angaben zur Hälfte auf Stellen in den Zielgebieten entfallen. Außerdem sind Einschnitte in Frankreich geplant. "Die dortigen Geschäfte sind seit Jahren defizitär und werden jetzt in einem geordneten Prozess saniert", sagt Joussen.
Auch die Flotte von TUI Fly soll auf 17 Maschinen mehr als halbiert werden, was bis zu 900 Vollzeitstellen kosten könnte. Den Gegenwind aus der Politik für solche Sparpläne kritisiert er scharf. "Man kann sich nicht über 19-Euro-Flüge nach Mallorca beschweren und gleichzeitig fordern, dass Fluggesellschaften nicht kleiner werden dürfen."
Gleichzeitig gibt er sich offen für einen Kompromiss: "Wir stehen nicht am Ende der Verhandlungen, sondern am Anfang." In der Kreuzfahrtsparte will TUI seine Neubauten nicht wie die meisten Wettbewerber später von den Werften bekommen, im Gegenteil: "Wir können uns gut vorstellen, Schiffe früher abzunehmen", sagte Joussen der FAZ. Aus einem einfachen Grund: Neubauten seien im Betrieb viel effizienter.
"Wenn wir ältere Schiffe ersetzen, sparen wir Kosten und haben auch eine bessere Klimabilanz." Allerdings müssten die Werften dem Unternehmen finanziell entgegenkommen. Schließlich profitierten sie davon, wenn sie Lücken in ihrer Produktionsplanung schließen könnten, die durch VerschiebungenvonProjekten andererReedereien entstünden.
Foto: Tui-Flugzeug, über dts Nachrichtenagentur