Wahrlich, Finanzmarktkapitalismus und gutes Gewissen miteinander zu vereinbaren, kommt aus der Perspektive so mancher Zeitgenossen so ziemlich dem nahe, was man gemeinhin als eine »Quadratur des Kreises« bezeichnet. Doch genau das scheint tatsächlich das Versprechen sogenannter »Ethikfonds« zu sein: Geldanlegen mit guten Gewissen. Was ist davon zu halten?
Ethikfonds scheinen so etwas wie die Bio-Produkte der Finanzmarktbranche zu sein. Sie versprechen möglichst wenig Abstriche beim Produkt zu machen, während umgekehrt die Nachhaltigkeit stark gemacht wird. Die Logik geht kurzum in Richtung: »Alles bleibt wie es ist, nur besser«. Das »besser« bezieht sich dabei vor allem auf das »bessere Gewissen«, das man beim Handel mit als »ethisch« klassifizierten Finanzmarktprodukten gleichsam wie automatisch »on top« bekommt. Alles also bloß ein Nullsummenspiel? Nur Gewinner, keine Verlierer?
Was ist ein Ethikfonds?
Auf den ersten Blick kann der Begriff »Ethikfonds« schnell in die Irre führen. Denn freilich sind es nicht »Ethiken«, die hier gehandelt werden sollen, sondern vielmehr Wertpapierbündel bzw. Vermögensallokationen, welche ausschließlich Unternehmen unterstützen sollen, die gemäß festgelegten Kriterien als nachhaltig wirtschaftend gelten können. Schon hier fangen allerdings auch die Schwierigkeiten an, denn was genau bedeutet »nachhaltig«? Dieser Begriff hat in den letzten Jahren eine hohe Konjunktur erfahren - ganz ähnlich wie der Begriff »zukunftsfähig«, mit dem er häufig auch zusammen auftritt. Nachhaltigkeit kann also eine bloße Floskel, ein Label sein, dass eine ressourcenschonende Wirtschaftsweise zwar suggeriert, aber genau dadurch auch die tatsächlichen, oftmals sich kaum von herkömmlichen Ausbeutungspraktiken unterscheidenden, Produktionsverhältnisse kaschiert.
Insofern gilt es, vor dem Investment in Fonds, die sich als ethisch bezeichnen oder so bezeichnet werden, einen genauen Blick in das jeweilige Fondsprospekt zu werfen. In der Regel werden dort die Auswahlkriterien für die Wertpapiere festgelegt bzw. beschrieben. So können etwa Ausschlusskriterien wie Kinder- und Zwangsarbeit, Menschenrechtsverletzungen oder Diskriminierung von Minderheiten verwendet werden, oder der Fonds konzentriert sich auf bestimmte ökologische Themen wie Wasser, Energie oder generell Klimaschutz.
Wenn es demnach so etwas wie eine normative Kernidee der »Nachhaltigkeit« geben sollte, dann besteht diese vor allem darin, dass wirtschaftliche Produktionspraktiken in jeder Hinsicht ressourcenschonend sein - und zwar vom Einsatz von Rohstoffen ausgehend, bis hin zu konkreten Arbeitsbedingungen - und stets die Vernunft über Profitinteressen stellen sollen.
Sind Ethikfonds wirklich »nachhaltig«?
Die alles entscheidende Frage ist offensichtlich, inwieweit die jeweiligen Ethikfonds tatsächlich ethisch handeln und nicht bloß leere Versprechen abgeben. Grundsätzlich muss man feststellen, dass der Grundgedanke hinter dieser Investmentvariante de facto ja ein vernünftiger ist und eigentlich jedem Investment zugrunde liegen sollte: Man investiert nicht bloß, um seinen Profit zu mehren, sondern prüft zunächst, inwiefern das Unternehmen, dem man sein Kapital zur Verfügung stellt, tatsächlich auch vernünftige Ziele anstrebt, wie gut es also reale Probleme löst, anstatt nur »heiße Luft« zu produzieren. Insofern ist es zugleich schon sehr instruktiv, dass es eine Investmentsparte gibt, die sich mit der Selbstbetitelung »Ethikfonds« ganz offensichtlich vom Mainstream der Investmentpraxis faktisch distanzieren möchte. Die Unterstellung ist: Der Großteil der Investments orientiert sich nicht daran, ob ein Unternehmen, in das investiert wird, sinnvolle Ziele verfolgt und wie es mit seinen Mitarbeitern und materiellen Ressourcen umgeht, sondern ausschließlich an persönlichen Profitinteressen.
Nun ist es allerdings so, dass man als einzelne Person freilich nicht immer alle nötigen Informationen auftreiben kann, die eine endgültige Beurteilung der Nachhaltigkeit eines Ethikfonds bzw. einer jeglichen Wertpapieranlage ermöglichen. Insofern macht es vor allem Sinn, stets einen Finanzberater zu konsultieren. Dabei kann man entweder eine Beratung beim Bankberater der eigenen Hausbank in Anspruch nehmen oder aber einen unabhängigen Berater für eine Analyse engagieren. Letzteres kann in der Tat vernünftiger sein, da Bankberater aufgrund von falschen Provisionsanreizen die Anlagestrategie des Öfteren eher dem eigenen Interesse folgend konzipieren, anstatt sich vollständig an den Bedürfnissen der Kunden zu orientieren.
Schließlich, so lässt sich zusammenfassen, sollte man jedes Investment - also unabhängig davon, ob es sich um einen Ethikfonds oder eine gewöhnliche Geldanalage handelt - sorgsam zu prüfen versuchen. Eine »Blindinvestition« in ein Ethikfonds gleicht genauso einer Selbsttäuschung, wie der Glaube daran, der Markt werde schon von alleine alle ökologischen (und manche sagen auch die sozialen) Probleme lösen.