Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble plädiert für die Direktwahl eines europäischen Präsidenten, um Europa besser zu einen. "Dann werden wir schon bei der ersten Wiederwahl ein sehr viel stärkeres europäisches Bewusstsein haben". Schäuble warnte davor, die aus der Euro-Zone erwachsenden Lasten zu verdammen. "Eine Gemeinschaft ist kein Nullsummenspiel".
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble plädiert für die Direktwahl eines europäischen Präsidenten, um Europa besser zu einen. "Dann werden wir schon bei der ersten Wiederwahl ein sehr viel stärkeres europäisches Bewusstsein haben", sagte der CDU-Politiker in einem Interview der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" voraus.
Er wünsche sich ein stärker geeintes Europa, in dem die Menschen bereit seien, nationale Kompetenzen an die europäischen Institutionen abzugeben. "Solange es keine europäische Öffentlichkeit gibt, solange es für die Bevölkerungen viel wichtiger ist, wer in den einzelnen Mitgliedsstaaten regiert, können wir beispielsweise die Finanzpolitik nicht einfach auf Europa übertragen", erklärte der Politiker.
Die Krisenmaßnahmen zur Rettung des Euro und für Hilfen an Griechenland seien richtig, aber vielleicht nicht immer schnell genug getroffen worden, sagte Schäuble. Einen Austritt Griechenlands aus dem Euro schloss der CDU-Politiker erneut aus: "Der Euro-Raum würde einen nicht wieder gutzumachenden Vertrauensverlust erleiden, wenn ein Land die Währungsunion verließe." Er wolle sich nicht vorstellen, was geschähe, wenn die Märkte merkten, dass sie einzelne Staaten aus der Euro-Zone herauskegeln könnten.
Schäuble warnte davor, die aus der Euro-Zone erwachsenden Lasten zu verdammen. "Eine Gemeinschaft ist kein Nullsummenspiel", sagte er. "Wenn Sie eine wirtschaftliche Gemeinschaft eingehen, dann werden bestimmte Dinge gemeinsam getragen, zum Nutzen aller Beteiligten." Gerade die deutsche Wirtschaft habe große Vorteile durch den Euro. "Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unseres starken unternehmerischen Mittelstandes wäre bei weitem nicht so hoch, wenn wir die Währungsunion nicht hätten", betonte der CDU-Politiker. "Bei 60 Prozent Exporten in den EU-Binnenmarkt hätten wir ansonsten ein Aufwertungsproblem."
Zugleich verteidigte Schäuble die Beschlüsse zur Vermeidung künftiger Schuldenkrisen, die keine automatischen Sanktionen vorsehen. "Ein voller Automatismus könnte Fragen auslösen, was das Rollenverständnis der nationalen Parlamente und Regierungen angeht", sagte der Minister. Die Sanktionen seien aber halbautomatisch und würden viel früher greifen als bisher. "Man kann den Sündern frühzeitig Zahlungen aus dem EU-Haushalt sperren", sagte Schäuble. Es könne bereits eingegriffen werden, wenn sich Ungleichgewichte und Blasen bildeten. "Wir müssen nicht mehr warten, bis das Kind in den Brunnen gefallen ist. Wir unterwerfen uns einer strengeren Aufsicht."{jcomments off}