Der Ex-Chefökonom des Internationalen Währungsfonds (IWF), Kenneth Rogoff, rät seit Jahren zur Abschaffung des Bargelds. Doch was geschieht mit Gold, wenn den Menschen die Freiheit anonymer Zahlung genommen werden soll? Der Havard-Professor macht dazu erstaunliche Aussagen.
von Jürgen Fröhlich
Der US-Ökonom Kenneth Rogoff hat sich in den vergangenen Jahren immer wieder für eine Abschaffung des Bargeldes ausgesprochen. Als ehemaliger Chefökonom des Internationalen Währungsfonds steht er den westlichen Zentralbanken nahe. Und deren Geldpolitik ist umso effektiver, je stärker sie die Kontrolle auch über Zahlungsströme privater Haushalte erlangen.
Sind Münzen und Banknoten einmal aus dem Verkehr gezogen, dann kann die Zentralbank elektronisch durchregieren – etwa über Negativzinsen, um die Konsum- und Kreditnachfrage zu stimulieren. Auch die vom Finanzsystem so gefürchteten „Bank Runs“, in denen die Menschen in Panik alles Geld vom Konto holen, blieben natürlich aus.
„Der Fluch des Bargelds“
In seinem Buch „The Curse of Cash“ („Der Fluch des Bargelds“) macht er die exzessive Nutzung von Bargeld aber auch verantwortlich für „Exzesse“ in Sachen Steuerhinterziehung und Terrorismus-Finanzierung. Der World Gold Council hat Passagen des Buches auf seiner Internetseite veröffentlicht.
Ken Rogoff spricht sich seit langem für die Abschaffung großer Banknoten aus, als ersten Schritt in eine bargeldlose Gesellschaft. Und die Zentralbanken haben damit bereits begonnen. So stellt die EZB keine 500-Euro-Scheine mehr her. Ab April 2019 wird die größte Euro-Banknote auch von Bundesbank und Österreichischer Nationalbank nicht mehr ausgegeben. Überraschenderweise äußert sich Rogoff in diesem Zusammenhang aber positiv zum Gold. Das Edelmetall könne in einer bargeldlosen Gesellschaft an Wert gewinnen.
„Wenn sie sich die Währungsgeschichte anschauen, dann hat Gold immer eine einzigartige Rolle gespielt. Ich denke, das ist kein Zufall. Einige Menschen sagen, wenn Gold früher nicht als Währung ausgewählt worden wäre, man würde es heute tun. Gold besitzt viele nützliche und einzigartige Eigenschaften und deshalb ist sein Status alles andere als Zufall. Es ist ein monetärer Vermögenswert und wenn man die Geschichte noch einmal wiederholen würde, dann käme man erneut auf das Gold“.
Gutes Gold!
Und weiter: „Auch wenn es immer weniger Papiergeld gibt, so besteht nach wie vor die Notwendigkeit, Privatsphäre zu besitzen und Transaktionen zwischen Parteien abzuwickeln, die sich gegenseitig nicht vertrauen. Gold übernimmt diese Rolle. Es ist wahrscheinlich der beste Ersatz für Papiergeld und deshalb ist es schwer vorstellbar, dass dessen Transaktionswert mit der Zeit nicht steigt.“
Für Gold gäbe es im Zuge neuer Technologien alle möglichen Verwendungsmöglichkeiten, über die man heute teilweise noch gar nicht nachdenke. Es sei unvorstellbar, dass die Rolle des Goldes abnehme. Rogoff sehe Gold auch als werthaltiges langfristiges Investment, insbesondere zur Diversifikation und Risikominderung. Er schlägt den Zentralbanken der Schwellenländer sogar vor, weniger US-Dollars und dafür mehr Gold zu halten.
Einen Goldanteil von 5 Prozent an den Gesamtreserven sieht er als Minimum für eine angemessen Diversifikation an. Würde China seiner Empfehlung folgen, dann müsste dieses Land alleine seine offiziellen Goldreserven um 1.864 Tonnen noch einmal verdoppelt.
Seine Annahme: Der US-Dollar verliere wirtschaftlich an Bedeutung und man wisse nicht, was komme. Und US-Staatsanleihen seien kein risikofreier Vermögenswert. Als Absicherung besitze Gold einen enormen Wert. In jedem Portfolio solle sich auch ein gewisser Prozentsatz dieses Vermögenswertes befinden. Der reale Wert des Goldes werde in Zukunft steigen.
Einordnung
Für uns sind Rogoffs Aussagen deshalb kurios, weil Gold sich im Zweifel genauso als anonymes Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel eignet wie Bargeld. Er deutet es in seinen Äußerungen ja selbst an. Deswegen könnten auch die gleichen Argumente gelten, mit der der Ökonom eine Bargeldabschaffung fordert. Von Barren und Münzen ist in Rogoffs Ausführungen nichts zu lesen.
Es gibt ja auch (digitale) Goldderivate. Auf Zentralbank-Ebene werden (physisches) Gold und Goldforderungen ohnehin in gleicher Weise verbucht. Mit seinen Feststellungen bestärkt der Professor aber Annahmen, dass Gold in einem künftigen Währungssystem wieder eine bedeutende Rolle zukommen könnte. Tipp: Wir haben die zu erwartenden Entwicklungen in zwei Sonderpublikationen speziell für private Goldanleger eingeordnet: „Wenn Gold wieder Geld“ und „Notfallplan für Goldanleger“.
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