Die frühere Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, warnt davor, dass die CDU-Landtagsfraktion in Sachsen-Anhalt gemeinsam mit der AfD-Fraktion gegen den Medienstaatsvertrag stimmen könnte. Knobloch sprach sich indirekt für ein Eingreifen der Bundes-CDU aus: "Demokratische Politik lebt von der Bereitschaft zum Kompromiss, und ich würde mir wünschen, dass die Beteiligten aller demokratischen Parteien sich daran auch erinnern oder notfalls von außen daran erinnert werden", sagte Knobloch dem "Handelsblatt" (Montagausgabe). "Der aktuelle Streit nützt nur den Extremisten."
Knobloch zeigte Verständnis für die Debatte über die geplante Erhöhung des Rundfunkbeitrags. Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern sagte jedoch zugleich: "Auch wenn die Höhe der Rundfunkgebühren für viele Menschen ein hochemotionales Thema darstellt, über das in Parlamenten offen gesprochen werden muss, darf die demokratische Mitte sich gerade im Vorfeld einer wichtigen Landtagswahl nicht so einfach auseinandertreiben lassen." Der Berliner Politikwissenschaftler Oskar Niedermayer hält die Eingriffsmöglichkeiten der Bundes-CDU in Sachsen-Anhalt für begrenzt. Die CDU sei eine Partei, bei der die Landesverbände ein "sehr hohes Maß an Autonomie" hätten. "Die Bundes-CDU kann ihnen nichts befehlen, sie muss auf Überzeugungskraft setzen", sagte Niedermayer dem "Handelsblatt". Und weiter: "Angesichts des jetzt schon länger andauernden Führungsvakuums an der Parteispitze durch die verschobene Neuwahl des Parteivorsitzenden fehlt es aber an der dazu notwendigen Autorität." Niedermayer hält einen Bruch der Kenia-Koalition in Sachsen-Anhalt für wahrscheinlich. "Auch wenn die CDU-Fraktion mit ihrem Nein zur Gebührenerhöhung nur den Koalitionsvertrag erfüllt, in dem das Festhalten am Ziel der Beitragsstabilität vereinbart wurde, werden Grüne und SPD die Koalition platzen lassen, wenn die CDU-Fraktion nicht einlenkt", sagte er. Zuletzt hatte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff Landesinnenminister Holger Stahlknecht (beide CDU) entlassen, weil dieser "öffentlich den Koalitionsbruch und die Möglichkeit einer allein von der CDU gebildeten Minderheitsregierung in den Raum gestellt" hatte, wie es in einer Regierungsmitteilung am Freitagnachmittag hieß.
Foto: Landtag von Sachsen-Anhalt, über dts Nachrichtenagentur